22.05.2009

Mathematische Grundlagen für das Lehramtsstudium Physik

Embacher, F.

Es war Friedrich Hund, der von einem ernsten Dilemma in Gestalt des Zwiespalts von Verstehen und Handhaben sprach: Jeder, der Physik studiert, „möchte Physik verstehen, und er möchte Physik handhaben lernen. Versucht er, alles zu verstehen, so kommt er nie dazu, es zu handhaben; beschränkt er sich auf das zweite, so versteht er die Dinge nicht ganz, mit denen er umgeht.“

Um wieviel stärker noch wird dieser Zwiespalt von allen Physikstudenten empfunden, wenn es um die Mathematik geht, zu deren Handhabung sie durch ihr Hauptfach vom ersten Tage an gezwungen werden! Ein Mathematikstudium vor der Physik wäre keine ernstzunehmende Alternative, um dieses Dauerproblem der Synchronisation von Physik- und Mathematikausbildung zu lösen.
Die Lösung kann aber in einer Zusammenarbeit zwischen Physikern und Mathematikern auf dem Gebiet der Lehre liegen, wie sie der Autor des vorliegenden Buches, der Physiker Franz Embacher, an der Universität Wien praktiziert. Angefangen bei Brüc-kenkursen, die zwischen Schule und Hochschule vermitteln wollen, haben sich auch an vielen deutschen Universitäten in den letzten eineinhalb Jahrzehnten Lehrgänge herausgebildet, die dazu anleiten, die mathematischen Methoden der Physik frühzeitig zu handhaben.

Diese Lehrgänge nehmen ihre Legitimation aus der geschilderten Situation. Sie würden sie verlieren, wenn sie die Mathematikausbildung der Physiker, die in der Kompetenz der mathematischen Fakultäten liegt, ersetzen wollten. Auch für den künftigen Physiker bleibt der Beweis das Kernstück mathematischen Denkens und für den Physiklehrer nicht minder. Indessen kann die frühzeitige Handhabung der Mathematik beim Verstehen behilflich sein, indem sie den Kopf frei macht für die subtileren Aspekte. Diese Lehrgänge begleitend ist eine umfangreiche Lehrbuchliteratur entstanden, aus der Embachers Buch an vorderer Stelle emp-fohlen werden kann.

Auf etwa 450 Seiten behandelt der Autor in zwanzig Kapiteln die für ein Anfangsverständnis der Physik notwendigen Themen von den komplexen Zahlen über die gewöhnlichen Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten und die Vektoranalysis bis zu den Fourier-Integralen. Zusätzlich zu diesem Inhalt wünschte man sich noch die Zerlegung partieller Differentialgleichun-gen der Physik in gewöhnliche durch Separation und die Diskussion der wichtigsten speziellen Funktionen als deren Lösung.

Die Art der Darstellung, die den in der Physik üblichen Formalismus verwendet, die Auswahl instruktiver Beispiele, Übungs-aufgaben und Musterklausuren, deren Lösungen im Anhang mitgeteilt werden, zeugen vom reichen Erfahrungsschatz des Autors als Lehrer auf diesem Gebiet. Die teils zweifarbig gestalteten Abbildungen illustrieren den Text hilfreich.

Im Titel des Buches wird das Lehramtsstudium der Physik hervorgehoben. Bei eventuellen Neuauflagen könnte diese unnötige Selbstbeschränkung entfallen, denn im Sinne der eingangs beschriebenen Möglichkeit des Verstehens durch Handhaben ist das Buch gleichermaßen nützlich für Anfänger im Physikstudium.

Prof. Dr. Karl-Heinz Lotze, Physikalisch-Astronomische Fakultät, Friedrich-Schiller-Universität Jena

F. Embacher: Mathematische Grundlagen für das Lehramtsstudium Physik
Vieweg + Teubner, Wiesbaden 2008,
460 S., broschiert, ISBN 9783834806192

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