Otto Hahn - Forschung und Verantwortung
Hoffmann
Otto Hahn - Forschung und Verantwortung und Lise Meitner: Erinnerungen an Otto Hahn
Klaus Hoffmann hat diese Sonderauflage seiner zuerst 1978 erschienenen Biografie für zwei Frankfurter Stiftungen überarbeitet und nun endlich einige Defizite aus der DDR-Zeit etwas korrigiert, namentlich die ideologische Beurteilung der (angeblich so verschiedenen!) Anwendung der Kernspaltung in Ost und West oder die völlig ungenügende Behandlung des bedeutenden Wirkens von Hahn als Präsident der Max-Planck-Gesellschaft. Dennoch ist keine wirklich ausgewogene Lebensbeschreibung des großen Naturforschers und Sohnes der Stadt Frankfurt entstanden, die seinem wissenschaftlichen Werk und dessen Auswirkung einigermaßen gerecht wird. Am besten und lebendigsten werden noch die chemischen Arbeiten bis zum Ende der 20er-Jahre berichtet, während die Schilderung der als Höhepunkt der Laufbahn betrachteten Entwicklung zur Uranspaltung erhebliche Schwächen vor allem in physikhistorischer Hinsicht aufweist. Auch bei der Darstellung des deutschen Uranprojektes im 2. Weltkrieg ersetzen manche wiedergegebene Legenden historische Fakten. Trotz dieser Mängel kommt im Wesentlichen das überlieferte Bild eines der wichtigsten Naturforschers des 20. Jahrhunderts heraus. Der sehr gute Druck und die Ausstattung des Bandes mit Fotos und Dokumenten sowie einer brauchbaren Zeittafel und biografischen Daten wesentlicher Personen im Leben des Porträtierten seien ausdrücklich gelobt.
Das zweite hier angekündigte Erinnerungsbuch wurde vom Enkel Dietrich Hahn sorgfältig zusammengestellt, vor allem aus Artikeln der bedeutenden Physikerin Lise Meitner, die ihrem Kollegen und Freund zu veschiedenen Jubiläen - vom 60. bis zum 85. Geburtstag - ebenso liebevoll wie sachlich gerecht würdigte (übrigens ergänzt durch eine schöne und inhaltsreiche Schilderung ihres eigenen wissenschaftlichen Werdeganges). Ausgewählte Zeugnisse weiterer bedeutender Mitarbeiter und wissenschaftlicher Kollegen Hahns aus dem In- und Ausland ergänzen die gelungene Sammlung, in der vielleicht nur eine angemessen kommentierte Äußerung fehlt, in der die engste Vertraute und Mitarbeiterin Kritik am Verhalten Otto Hahns im 2. Weltkrieg übte. Dieses Unbehagen konnte zwar rasch zwischen beiden aufgeklärt werden, aber droht, verbreitet durch eine amerikanische Biografie Meitners, Schatten auf die Person des ebenso wissenschaftlich großen wie moralisch vorbildlichen Menschen zu werfen, der in schwierigen, durch zwei Weltkriege und verbrecherische Regime geprägten Zeit bestehen musste. Man vermisst wirklich immer noch dringend die große Biografie eines der auch menschlich bedeutendsten Gestalten aus dem vergangenen Jahrhundert.
Dr. Helmut Rechenberg, MPI für Physik, München
Weitere Infos:
K. Hoffmann: Otto Hahn - Forschung und Verantwortung
Waldemar Kramer GmbH, Frankfurt/Main 2005, 240 S., broschiert, ,
ISBN 3782905601
D. Hahn (Hrsg.): Lise Meitner: Erinnerungen an Otto Hahn
S. Hirzel Verlag, Stuttgart 2005
167 S., kart.,
ISBN 3777613800