18.09.2003

Quantum Dialogue. The Making of a Revolution

Beller

Quantum Dialogue. The Making of a Revolution

Von M. Beller.
The University of Chicago Press, Chicago 1999. XVI + 366 S., Cloth,
ISBN 0-226-04181-6

Die bereits vorliegende Literatur zur Ge schichte der Quantentheorie und ihrer führenden Protagonisten ist vielfältig und umfangreich. Insofern nimmt man jede Neuerscheinung zu diesem Thema auch mit einer gewissen Skepsis zur Hand, ob sie wirklich noch etwas Neues und Interessantes zu bieten hat oder nur Bekanntes kompiliert. Das neue Buch der israelischen Physikhistori kerin Mara Beller erfüllt in jeder Hinsicht die Erwartungen, die man an eine profunde und originelle physikhistorische Untersuchung stellt: Mara Beller wertet die vorliegenden Quellen zur Entstehungsgeschichte der Quantenmechanik sorgfältig und kenntnisreich aus und bedient sich bei ihrer Analyse zudem eines höchst originellen Ansatzes. Dieser ist auf "the intricate flux of dialogues among quantum physicists" fokussiert (S. 2) und nimmt Heisenbergs Auffassung, dass "Wissenschaft im Gespräch entsteht", nicht nur ernst, sondern gestaltet sie zu einem schlüssigen wissenschaftheoretischen Konzept aus. Mit hilfe dieses Ansatzes wird die Bedeutung der wissenschaftlichen Diskussionen und Dialoge bei der Formierung des Gebäudes der Quantenmechanik herausgestellt, deren physikalische und erkenntnistheoretische Essentials nicht von vornherein jene kanonisierte Form besaßen, wie wir sie heute in den Lehrbüchern, aber auch in Teilen der physikhistorischen Literatur vorfinden. Hierdurch wird auch die große Bedeutung von heute fast schon vergessenen Physikern wie N. Campell oder H. A. Senftleben für die Formierung der Grundlagen der Quantenmechanik gewürdigt (S. 96). Damit hinterfragt Beller aber zugleich das gängige Bild von der Frühgeschichte der Quantenmechanik und zerstört manche ihrer Mythen und Legenden - u.a. stellt sie die zentrale Rolle von Heisenberg und Bohr für die Formierung bzw. Durchsetzung der heute gängigen Form der Quantenmechanik infrage. Diese These wird bei manchem sicherlich auf vehementen wie emotionsbeladenen Widerspruch stoßen.

Ein weiteres Problem des Buches und seines dialogischen Ansatzes ist, dass zwar ausführlich und interessant auf die zeitgenössischen Diskussionen und rhetorischen Durchsetzungsstrategien sowie auf philosophische und politische Argumente eingegangen wird, im Vergleich dazu aber die Physik selbst und internalistische Entwicklungsprozesse etwas zu stark marginalisiert werden. Trotz solcher Einwände ist das Buch eine der interessantesten und originellsten physikhistorischen Pub likationen der jüngsten Zeit, dessen Lektüre jedem an der Entstehungsgeschichte der Quantenmechanik Interessierten nur sehr empfohlen werden kann.
Dr. Dieter Hoffmann, MPI für Wissenschaftsgeschichte, Berlin

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