Supersymmetry. Theory, Experiment, and Cosmology
Binetruy, P.
Die Grundbausteine der sichtbaren Materie in unserem Universum und die zwischen ihnen wirkenden fundamentalen Kräfte werden im Standardmodell der Teilchenphysik zusammengefasst, das bei einer subatomaren Skala von 10 –15 cm formuliert ist. Angestrebt werden muss aber eine Vertiefung der Theorie bis zur Planck-Skala von 10 –33 cm, bei der elektromagnetische, schwache und starke Kraft zusammen mit Gravitation eine Einheit bilden.
Eine stabile Brücke zu diesem Bereich, in dem die Wurzeln der gesamten Physik vermutet werden, bildet die Supersymmetrie. Diese Symmetrie, die fermionische und bosonische Freiheitsgrade miteinander verbindet, wurde schon vor mehr als dreißig Jahren von Julius Wess zusammen mit seinem Mitarbeiter Bruno Zumino in die Teilchenphysik eingeführt. Starke Stützen für diese noch hypothetische Symmetrie sind die Vereinigung von elektromagnetischer, schwacher und starker Kopplung bei hohen Energien, die lokale Form der Symmetrie als Rational für die Gravitation und die Interpretation des leichtesten supersymmetrischen Teilchens als Baustein der kalten Dunklen Materie im Universum. Nichtsdestoweniger – die Theorie wird stehen oder fallen mit der Entdeckung supersymmetrischer Teilchen am Tevatron in Chicago oder bei den noch höheren Energien des Large Hadron Collider LHC, der demnächst am CERN in Genf seinen Betrieb aufnehmen wird.
Pierre Binetruy hat viele Beiträge zur Entwicklung supersymmetrischer Theorien bis hin zu ihrer Einbettung in Stringtheorien geleistet. Entsprechend führt uns die Anlage des Buches vom Standardmodell der Teilchenphysik durch das weite Terrain supersymmetrischer Modelle bis hin zu Stringtheorien. Die Stärke dieses Lehrbuches ist die detaillierte Ausarbeitung zentraler Bereiche, die ein vertieftes Verständnis vieler theoretischer Zusammenhänge bietet. In diesem Kontext ist das Buch eine Fundgrube von Wissen für Lernende und Lehrende.
Das Buch ist in gleichmäßig fließender Sprache verfasst, der physikalische Akzentuierungen fremd sind. Der experimentelle Teil ist allerdings außerordentlich knapp formuliert. Es fehlt ein Abriss der vom LHC zu erwartenden Resultate, die für die Supersymmetrie entscheidend sein werden – positiv oder negativ. Der kosmologische Teil des Buches hat Mühe, mit den sich schnell entwickelnden experimentellen Ergebnissen Schritt zu halten; dies trifft insbesondere auf die aufregendende Entdeckung der nicht-verschwindenden kosmologischen Konstanten zu.
Nichtsdestoweniger bietet das Binetruysche Lehrbuch eine Fülle theoretischen Wissens, das zur Vertiefung einer Vorlesung für den interessierten Studenten von hohem Wert ist – aber nicht nur. Diese Funktion kann das Buch auch für einen mit den theoretischen Grundbegriffen vertrauten Hochenergie-Experimentator erfüllen. Und, last but not least, werden auch Theoretiker Elemente in diesem Buch finden, die sie anderswo in solch kohärenter Zusammenfassung vergebens suchen werden.
Prof. Dr. Peter Zerwas, Deutsches Elektronen-Synchrotron, Hamburg
P. Binetruy: Supersymmetry. Theory, Experiment, and Cosmology
Oxford University Press, Oxford 2006, 536 S., geb., ISBN 9780198509547