The Physics of Phase Transitions: Concepts and Applications
Papon, Leblond
Von P. Papon, J. Leblond und P. H. E. Meijer. Springer, Heidelberg 2002, 397 S., 69,95 E. ISBN 3-540-43236-1
Dies ist ein ungewöhnliches und z. T. ärgerliches, aber auf jeden Fall sehr empfehlenswertes Buch: Die beiden ersten Autoren entstammen der zeitweise von P. G. de Gennes geleiteten 'Ecole Superieure de Physique et Chimie Industrielles de Paris', der dritte Autor ist Professor in Washington. Das Buch behandelt ein breites Spektrum von Phasen übergangsphänomenen, zu denen die Autoren auch Glasübergänge, Gelationsübergänge, Perkolationsphänomene, Übergänge in Polymeren und Flüssigkristallen und vieles an dere aus Physik, Chemie und Metallurgie zählen. Natürlich gehören die klassischen Mischungs-, Schmelz- und Siedeübergänge, Magnetismus und Supraleitung dazu, ferner werden martensitische Umwandlungen in
der Metallurgie ebenso besprochen wie die Anwendungen der sog. spinodalen Entmischung. Bei den Glasübergängen wird die Modenkopplungstheorie von Götze ebenso (kurz) behandelt wie bei den Gelationsübergängen die Perkolationstheorie von Stauffer. Aber ob die genannten Autoren mit der Darstellung einverstanden wären?
Insgesamt wird ein breites theoretisches Rüstzeug in der Thermodynamik vorausgesetzt, aber so gut wie keine Quantenmechanik, und viele der besprochenen Phänomene werden im Grunde eher aus der Sicht der physikalischen Chemie behandelt: Insgesamt besticht das Buch aber gerade durch die Anwendungsnähe und den Einblick in andere Disziplinen. Es setzt zugleich neue Ausbildungsstandards: Die Studenten der Hochschule von P. G. de Gennes müssen jedenfalls, gleich welchem Fach sie angehören, in der thermischen Physik zu Hause sein.
Das Buch ist, wie erwähnt, z. T. ärgerlich: Das gilt z. B. für die Aussage, dass der charakteristische Unterschied zwischen Bloch- und Neel-Wänden darin bestehe, dass Bloch- Wände in ferromagnetischem Material, aber Neel-Wände in antiferromagnetischem Material vorkämen. Dies Beispiel zeigt, dass auch in Paris nur mit Wasser gekocht wird. Ärgerlicher ist m. E., dass die Autoren von der Kom petenz anderer Hochschulen in Paris keinen Gebrauch machen. Aber der Leser wird immer wieder sofort durch Interessantes versöhnt, so z. B. wenn der Reaktor-GAU in Harrisburg durch den Phasenübergang der Kühlflüssigkeit erklärt wird.
Die zahlreichen Kapitel dieses Buches werden durch Literaturangaben und prägnante Aufgaben (mit Lösungen) ergänzt. Ein Buch, das ich trotz der angesprochenen Mängel u. a. deshalb empfehlen kann, weil es - abgesehen von den vielen Anregungen, die es auf jeden Fall für den Leser bereit hält - ohnehin nur einführenden Charakter hat: sozusagen ein umfangreiches einführendes anwendungsbezogenes Buch für Kenner und (spätere) Spezialisten!
Prof. Dr. Uwe Krey, Institut für Angewandte Physik der Universität Regensburg