23.07.2014

The Practical Einstein

József Illy: The Practical Einstein, The John Hopkins University Press, Baltimore 2012, 202 S., ca. 43 €, geb., ISBN 9781421411712

József Illy

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Vielen gilt Einstein noch immer als Verkörperung des verträumten realitätsfernen Genies mit zwei linken Händen. József Illy, Mitherausgeber der Einstein Collected Papers, rückt dieses verzerrte Bild zurecht und zeigt, dass sich der große Theoretiker Zeit seines Lebens seine Begeisterung für Experimente und technische Tüfteleien bewahrte. „Die Menschen glauben, daß ich mich nur für Theorie und nicht für praktische Dinge interessiere. Das stimmt nicht“, sagte er einmal. Einstein sah sich vielmehr als „fröhlichen Sonntagsreiter auf dem Gebiete der Technik“ und hatte Freude an seinen „Eskapaden“ in die Welt der Erfindungen, Experimente und Patente. Zwar ist nicht alles neu in Illys Buch, doch zum ersten Mal wird Einsteins Erfindungs- und Beratertätigkeit umfassend beschrieben.

Der Autor gliedert sein Buch in drei Teile: Experimente, Expertenmeinungen und Erfindungen. So beschreibt er die Versuche, die Einstein zusammen mit Wander Johannes de Haas durchgeführt hat, um Ampèresche Molekularströme nachzuweisen, und seine Vorschläge zur experimentellen Klärung der Natur des Lichtes und der Supraleitung.
Immer wieder ist Einstein um seine Expertise in Patentstreitigkeiten gebeten worden. So nahm er auf Anfrage von Telefunken-Direktor Graf Arco zur Erfindung der Verstärkerröhre Stellung und half den Beklagten in einem Rechtsstreit mit der Lampenfirma Osram, bei dem es darum ging, die Priorität bei der Verwendung von Wolframdrähten in Glühlampen zu klären.

Mehr als die Hälfte des Buches nehmen Einsteins Erfindungen ein. Dazu zählen der Fachliteratur bereits bekannte Erfindungen, z. B. ein Messgerät für Spannungen im Milli- und Mikrovolt-Bereich (von Einstein liebevoll „Maschinchen“ genannt), Kreiselkompasse, Kühlschränke oder ein Flugzeugflügelprofil („Katzenbuckelflügel“). Weniger bekannt dagegen dürften Einsteins Flüssigkeitsmengenanzeiger, Höhenmesser, künstlicher Hori­zont und Geschwindigkeitsmesser für Flugzeuge, elektrostatischer Flüssigkeitsfilter und wasserdichte atmungsaktive Kleidung sein. Während des Zweiten Weltkrieges stellte er auf Wunsch des Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsforschungskomitees Vannevar Bush Überlegungen zur Gasdiffusionsmethode zur Anreicherung von spaltbarem Uran an, die allerdings nicht weiterverfolgt wurden, da Einsteins Berechnungen den Experten zu oberflächlich waren. Im Auftrag der US-Marine untersuchte er 1943 Möglichkeiten zur Verbesserung von Torpedo-Zündern. Stolz schrieb er: „Ich bin jetzt bei der Navy, aber einen Navy-Haarschnitt brauchte ich zum Glück nicht.“

Das Buch enthält zwar zahlreiche technische Zeichnungen, aber leider kaum Fotos. So hätte man sich sowohl Porträts von Einsteins Miterfindern Anschütz, Bucky und Goldschmidt als auch Fotos vom „Maschinchen“ oder dem „Beton-Volkskühlschrank“ gewünscht. Bei einigen Erfindungen wäre es interessant zu erfahren, was daraus geworden ist bzw. ob und wo sie heute noch benutzt werden. Illys Schreibstil ist zum Teil etwas trocken und technik­lastig, was aber die dargestellte faszinierende Vielfalt an Themen, mit denen sich Einstein beschäftigt hat, mehr als wettmacht.

Dr. Michael Schaaf, Deutsche Internationale Schule Johannesburg

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