Walther Nernst and the Transition to Modern Physical Science
Kormos Barkan
Walther Nernst and the Transition to Modern Physical Science
D. Kormos Barkan.
Cambridge University Press, Cambridge 1999. XII + 288 S., hardback,£ 45.00.
ISBN 0-521-44456-X
Kurz vor seinem Tod vernichtete Walther Nernst seinen gesamten Nachlass und entzog sich so seinen Biographen weitgehend. Die bisherigen Bücher von Kurt Mendelsohn und Hans-Georg Bartel stützen sich daher vielfach auf eigenes Erinnern bzw. auf Universitätsakten. Diane Barkan beansprucht zwar auch, eine wissenschaftliche Biographie zu schreiben, und will Nernsts Werk in den Kontext seiner Zeit und seiner "komplexen und scheinbar widersprüchlichen" Persönlichkeit einbetten, ansonsten aber unterscheidet sie sich von früheren Darstellungen deutlich. Im Stil der neueren amerikanischen Physikgeschichte versucht sie, eine "dichte Beschreibung" von Nernsts Theorien, Experimenten und technischen Projekten zu geben und beschränkt sich dabei auf eine Reihe spezifischer Probleme: Was hat die elektrolytische Glühbirne, die Nernst ab 1894 entwickelte und die 1900 bei der AEG in Produktion ging, mit seinem Wärmetheorem zu tun? Welcher Zusammenhang bestand zwischen diesem und Plancks Quantentheorie? Warum organisiert gerade er, sogar gegen Plancks Empfehlung, mit dem Chemie-Industriellen Solvay einen der wichtigsten Kongresse der theoretischen Physik? Nach Barkans Meinung kann "kein Aspekt von Nernsts Arbeit ... für sich allein zufrieden stellend aufgeklärt oder richtig verstanden werden". Wissenschaftler wie Nernst waren "verstrickt in ein Netz von Rätsellösen".
Diane Barkan wendet sich gegen die übliche Trennung von Nernsts Werk in Beiträge zur Physik, Chemie und Technik und versucht das Knäuel der Fragen und Aktivitäten zu rekonstruieren. Sie erzählt ihre "storys" mehrmals aus unterschiedlicher Perspektive und lässt so nach und nach ein Bild der Geschichte entstehen, das "unsere bisherigen Darstellungen ... insbesondere über den Ursprung des Wärmetheorems und die Beziehungen von Physik, Chemie und den Notwendigkeiten praktischer industrieller Anwendungen ändert". Nicht ein Genie Nernsts, das in seiner Persönlichkeitsstruktur begründet wäre, sondern seine professionelle und intellektuelle Tätigkeit in einem Grenzgebiet benachbarter Wissenschaften, einem Gebiet, in dem er für fruchtbaren Austausch zu sorgen die geeignete Person war, wird als Grund für seine Erfolg und seine Bedeutung herausgearbeitet.
Für den mit der Geschichte der frühen Quantentheorie vertrauten Leser präsentiert das Buch eine detaillierte und äußerst anregende neue Sicht, indem es das Interesse der theoretischen und physikalische Chemie an der neuen Quantentheorie nach Einsteins Arbeit von 1907 betont. Darüber hinaus ist das Buch zu empfehlen, da es in seinen einführenden und Überblick gebenden Passagen viel über die Physik des frühen 20. Jahrhunderts zu vermitteln weiß und zahlreiche schöne Briefausschnitte enthält.
Dr. Arne Schirr macher, Institut für Wissenschaftsgeschichte, Universität Göttingen
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