26.04.2005

Wolfgang Pauli: Wissenschaftlicher Briefwechsel, Band IV/Teil IV

Karl von Meÿenn (Hrsg.): Wolfgang Pauli: Wissenschaftlicher Briefwechsel, Band IV/Teil IV:1957, Springer, Heidelberg 2005, XL+1585 S. (2 Bände), geb., ISBN 3540402969

Meyenn (Hrsg.)

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An Karl von Meyenn ein herzlicher Glückwunsch zum Abschluss dieses so umfang- wie inhaltsreichen Werkes (ein Band neu aufgefundener Briefe wird freilich vorbereitet). Man bewundert die Kreativität und Produktivität Paulis, mit der er im Austausch mit Freunden und Kollegen die Physik mitgestaltete. Ein wunderbares Vorwort zeigt die Entwicklung der modernen Physik im Spiegel des Paulischen Briefwechsels und verdeutlicht dessen Rolle dabei. Pauli hielt nichts davon, halbfertige Ideen zu publizieren, und machte sich über Sommerfeld lustig, der einmal eine Arbeit Paulis ohne Rücksprache publiziert hatte. Umso mehr wechselte er Briefe (von Meyenn hat über 3000 Briefe von und an Pauli herausgegeben), um neue Ideen zu entwickeln, zu prüfen und zu kritisieren.

Die Entdeckung der Paritätsverletzung durch Wu schlug 1957 "wie eine Bombe" ein, Pauli schrieb von einem "Erdrutsch". Briefe, vor allem an Fierz und Jung, verdeutlichen, wie sehr ihn das innerlich beschäftigte. Neben Fierz ist vor allem Korrespondenz mit Källén, Lüders, Enz, Gürsey und Weiskopf, aber auch mit Jung und Jaffé zu finden. Die meisten Briefe betreffen aber Heisenbergs nichtlineare Spinortheorie. Paulis schwerwiegenden Bedenken gegen eine indefinite Metrik im Hilbert-Raum werden oftmals deutlich. Nach einem Treffen mit Heisenberg Ende 1957 weichen sie einer hoffnungsvolleren Sicht, da der Isospin zufriedenstellend eingebaut werden kann. In einem Brief an Källén (16.12.57) akzeptiert Pauli die indefinite Metrik und wird vor seiner USA-Reise beinahe euphorisch. Von dort aber fordert er, noch nichts zu veröffentlichen, die Unklarheiten zur Vakuum­entartung und zur Hilbert-Raummetrik sind zu groß: "Erst muß man doch verstehen, dann erst publizieren, das vertauscht nicht!" Nach Heisenbergs "Radioreklame" sendet Pauli an Gamow und andere sein berühmtes Tizian-Bild als Kommentar (1.3.58). Die endgültige Ablösung Paulis von der Spinortheorie erfolgt im Brief an Heisenberg vom 7.4.58. Die neue axiomatische Quantenfeldtheorie hält Pauli für unfruchtbar und nicht besser als Heisenbergs Ansatz (S. 974). Eine Axiomatisierung tauge für eine bereits abgeschlossene Theorie, nicht aber als Wegweiser für neue Entwicklungen (S. 1173).

Zu Plancks 100. Geburtstag wurde Pauli - der noch in Berkeley war - mit der Max-Planck-Medaille ausgezeichnet. Es gehört zu den Merkwürdigkeiten aus Paulis Leben, dass der schließlich gefundene Termin für die Überreichung, der 15.12.58, sich im Nachhinein als sein Todestag offenbarte. Besonders bedenkenswert empfinde ich den engen Bezug, den Pauli zwischen theoretischen Ansätzen in der Physik und den psychischen Befindlichkeiten der betreffenden Physiker sah. Dies sieht er nicht nur bei seinen Freunden und Kollegen, sondern auch bei sich selbst (z. B. S. 224 ff.).

Prof. Dr. Thomas Görnitz,
Institut für Didaktik der Physik, J. W. Goethe-Universität Frankfurt/Main
 

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