1000 Mbit/s via Handy?
Physik Journal – UMTS hat sich noch nicht durchgesetzt, dennoch arbeitet man bereits an der 4. Generation mobiler Kommunikation.
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Physik Journal – UMTS hat sich noch nicht durchgesetzt, dennoch arbeitet man bereits an der 4. Generation mobiler Kommunikation.
Noch hat der Mobilfunkstandard UMTS mit seinen Datenraten von gut einem Drittel Megabit pro Sekunde (0,384 Mbit/s), Serviceangeboten wie Videotelefonie oder Musikclips seinen Weg in den Massenmarkt nicht gefunden, geschweige dass auch nur Bruchteile der Milliarden an Lizenz- und Infrastrukturkosten wieder eingespielt sind. Dennoch arbeiten europäische Nachrichtentechniker im Rahmen des WINNER-Projektes (Wireless World Initiative New Radio) bereits an der nächsten, der 4. Generation mobiler Kommunikation – kurz 4G – mit Übertragungsraten von bis zu 1000 Mbit/s.
Während UMTS Bänder zwischen 2 und 2,2 GHz nutzt, schauen für 4G 38 Firmen und Institute unter der Projektleitung von Siemens auf den Frequenzbereich oberhalb von 2,4 GHz. Mit zwei noch Kühlschrank großen Prototypen für ein 4G-Handy erreichten Forscher vom Centre for Wireless Communication (CWC) an der finnischen Universität Oulu bereits Datenraten von 50 Mbit/s über eine Entfernung von 250 Metern. Der Schlüssel zur höheren Datenrate liegt in der parallelen Nutzung von mehreren Frequenzkanälen. Bis zu acht Antennen pro Basisstation teilen so einen rund 100 MHz breiten Bereich unter sich auf. Neben dieser „Multiple Input, Multiple Output“-Technik (MIMO) können die Kanäle in einem weiteren Schritt durch ein Mehrträgerverfahren (OFDM, Orthogonal Frequency Division Multiplexing) in viele gleichzeitig sendende Subkanäle aufgespalten werden. Anstatt einen einzelnen Träger wie bei den derzeitigen Mobilfunktechniken zu modulieren, werden die digitalen Daten über Tausende phasen- und amplitudenmodulierte Träger gleichzeitig gesendet. Dieses Mehrträgerverfahren wird bei festen DSL-Verbindungen und digitalem Fernsehen (DVB, Digital Video Broadcasting) bereits genutzt. Aktuell laufen Versuche zu OFDM über Funkstrecken am Vodafone-Lehrstuhl der TU Dresden.
Noch ist dieser Prototyp für den Mobilfunk der vierten Generation groß wie ein Kühlschrank, aber Übertragungsraten von 50 Mbit/s wurden damit schon erreicht. (Foto: Löfken)
Noch bevor sich die Mobilfunkentwickler weltweit auf einen 4G-Standard für Frequenzbereich und Übertragungstechnik geeinigt haben, tüfteln die Forscher an einem weiteren, wichtigen Vorteil: In so genannten Relais-Netzwerken kann prinzipiell jedes Handy und jede Funkkarte in einem Laptop selbst als weitere Sendestation dienen. Ohne starre Infrastruktur könnten die 4G-Nutzer die Abdeckung des Netzes Stück für Stück dynamisch erweitern. Wird ein 4G-Gerät abgeschaltet, können die Daten automatisch wie im verkabelten Internet eine neue Route suchen.
Noch passen die für das zeitgleiche Senden und Empfangen auf zahlreichen Kanälen benötigten Rechenkapazitäten in kein Handy. Angesichts der Steigerungsraten in der Chipindustrie sollten bis zur möglichen Einführung von 4G Mitte des kommenden Jahrzehnts aber kleine, mobile Geräte verfügbar sein.
Jan Oliver Löfken
Quelle: Physik Journal, Juni 2005