2D-Materialien maßgeschneidert
Neuer Weg hin zu ultradünnen und funktionellen Materialien.
Ein internationales Forscherteam, angeführt von Mitgliedern der Technischen Universität München, des Deutschen Museums und der Universität Linköping, hat ein Verfahren entwickelt, um zweidimensionale Polymere mit der Dicke nur einer Moleküllage durch Lichteinwirkung auf einer Graphit-Oberfläche herzustellen. Die Entwicklung ebnet den Weg zu neuen ultradünnen und funktionellen Materialien.
Die Suche nach neuen zweidimensionalen Materialien hat sich nach der Entdeckung von Graphen stark intensiviert. Zwei Hauptansätze werden bisher verwendet, um ultradünne Materialien herzustellen: Beim ersten wird eine zusammenhängende Lage von Molekülen oder Atomen von schichtförmigen Kristallen eines Ausgangsmaterials abgelöst. Graphen ist ein Beispiel für ein solches Material. Ein anderer Ansatz ist der Aufbau des Materials Molekül für Molekül, indem auf verschiedene Weise Bindungen zwischen den Molekülen hergestellt werden. Das Problem dabei ist, dass die Materialien oft kleinteilig und wenig stabil sind und viele Defekte enthalten. Dies schränkt die möglichen Anwendungen erheblich ein.
Die Forscher haben dazu nun ein neues Verfahren zur Herstellung zweidimensionaler Polymere entwickelt. Die Entdeckung ermöglicht die Entwicklung neuer ultradünner Funktionsmaterialien mit präzise definierten, kristallinen Strukturen. Als Ausgangspunkt verwendeten sie ein Molekül namens „Fantrip“. Es ist eine Verbindung zweier Kohlenwasserstoffe, fluoriertes Anthracen und Triptycen. Die spezifischen Eigenschaften von Fantrip bewirken, dass sich die Moleküle spontan zu einer Struktur anordnen, wenn sie selbstorganisiert auf eine mit einer mit einer ultradünnen Wachsschicht überzogene Graphitoberfläche abgeschieden werden.
Im zweiten Schritt wird diese Struktur mit Hilfe von Licht fixiert – die Photopolymerisation. Die Moleküle werden von einem violetten Laser beleuchtet, der die Elektronen in der äußersten Elektronenhülle anregt. Dadurch bilden sich starke und dauerhafte Bindungen zwischen den Molekülen aus. Das Ergebnis ist ein poröses zweidimensionales Polymer mit einer Dicke von einem halben Nanometer, das aus mehreren hunderttausend identisch verknüpften Molekülen besteht, also ein Material mit nahezu perfekter Ordnung bis auf die atomare Ebene.
Da die Photopolymerisation auf einer Graphit-Oberfläche durchgeführt wird, ist es möglich, den Prozess im molekularen Maßstab mittels Rastertunnelmikroskopie zu verfolgen. Dies zeigt die neu gebildeten Bindungen des Netzwerks. Um die Strukturmodelle zu bestätigen, hat die Forschungsgruppe um Jonas Björk simuliert, wie die molekularen Netzwerke in verschiedenen Reaktionsstadien jeweils im Rastertunnelmikroskop aussehen würden. Jonas Björk von der Universität Linköping gelang mit dem Hochleistungsrechner des National Supercomputer Center in Linköping, die Experimente zu validieren und die für den Erfolg der Methode wichtigen Schlüsselfaktoren herauszuarbeiten.
„Wir sehen, dass die Simulationen bis ins kleinste Detail mit dem Experiment übereinstimmen, und wir können auch verstehen, warum unser spezielles System so gute Resultate liefert“, sagt Björk. „Im nächsten Forschungsschritt werden wir untersuchen, ob sich mit der Methode auch andere Moleküle zu neuen zweidimensionalen und funktionellen Materialien verknüpfen lassen. Durch die Verbesserung der Methode können wir auch die Eigenschaften der hergestellten ultradünnen Materialien steuern und maßschneidern.“
„Die Herstellung kovalenter Bindungen zwischen Molekülen erfordert viel Energie. Die gängigste Art der Energiezufuhr ist die Erhöhung der Temperatur. Sie versetzt jedoch auch die Moleküle in Bewegung und lässt so die selbst-organisierte Struktur verschwimmen. Werden die kovalenten Bindungen dagegen mit Licht erzeugt, bleibt die Struktur erhalten und wird auf diese Weise fixiert – genau so, wie wir es wollen“, sagt Forschungsgruppenleiter Markus Lackinger. Damit das Material nicht verunreinigt wird, erfolgt die Polymerisation im Vakuum. Das fertige zweidimensionale Polymer ist jedoch auch unter atmosphärischen Bedingungen stabil, was für zukünftige Anwendungen entscheidend ist. Markus Lackinger glaubt daher, dass das Material viele nützliche Anwendungen finden wird. „Die naheliegendste Anwendung ist die Verwendung des Materials als Filter oder Membran, aber auch Anwendungen, von denen wir derzeit keine Vorstellung haben, in ganz anderen Zusammenhängen könnten sich schon in naher Zukunft abzeichnen“, sagt Lackinger.
TUM / JOL