AKL’12: Kurzpulslaser erreichen den industriellen Alltag
Vom 9. bis 11. Mai 2012 trafen sich Experten der industriellen Lasertechnik in Aachen. Sie diskutierten die Bearbeitung neuer Materialien, Ultrakurzpulslaser und Laser Additive Manufacturing.
Mit mehr als 600 Besuchern erzielte der AKL’12 einen neuen Rekord. Die Tagung, die alle zwei Jahre stattfindet, hat damit ihre Position als führendes Forum für angewandte Lasertechnik in der Produktion weiter gefestigt. Auch die internationale Beteiligung ist weiter gestiegen. Das Programm in Aachen war mit 76 Vorträgen wie immer sehr vielfältig und dennoch klar auf die verschiedenen Interessen der Teilnehmer fokussiert: Neben dem Einsteiger Seminar Lasertechnik und dem Technologie Business Tag für Führungskräfte und Marketingverantwortliche wurden am ersten Tag auch zwei EU Innovationsforen und ein Fokus- Seminar zur Anwendung ultrakurzer Laserpulse in der Industrie angeboten. Die EU Seminare mit den Themen LAM in Aeronautics and Power Generation (EUVerbundprojekt MERLIN) und Perspectives of Polymer Welding with Lasers (EU Verbundprojekt POLYBRIGHT) gaben einen Einblick in den aktuellen Entwicklungsstand dieser für die Anwenderbranchen attraktiven Lasertechnik.
Abb.: Professor Reinhart Poprawe skizzierte in seinem Vortrag, wie Lasertechnologien einen Beitrag zur Bewältigung globaler Herausforderungen leisten können. (Bild: Fh.-ILT)
Dr. Ingomar Kelbassa (Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT), Chairman des EU Session LAM, lud die Besucher im Anschluss an die Vorträge zu einer Besichtigung des Fraunhofer ILT mit Live Präsentationen der neuesten Verfahrens- und Systementwicklungen ein. Diese Verfahren können beispielsweise bei der Herstellung und Instandsetzung von sogenannten BLISKs (Blade Integrated Disks) eingesetzt werden. Die ILT-Entwicklungen führen unter anderem zur Senkung der Produktionskosten und zur besseren Integration innovativer Technologien. Dafür zeichnete die US-Zeitschrift Aviation Week im März 2012 ein Team des Fraunhofer ILT mit der Innovation Challenge 2012 in der Kategorie Power and Propulsion aus.
Am Abend des 9. Mai 2012 wurde im Krönungssaal des Aachener Rathauses der Innovation Award Laser Technology 2012 vergeben (wir berichteten). Empfänger des mit 10.000 Euro dotierten Preises war ein Team unter Leitung von Dr. Stephan Brüning, (Schepers GmbH, Vreden). Sie hatten sich mit der dreidimensionalen Mikrostrukturierung von großen Oberflächen für Druck- und Präge-Anwendungen mit Hochleistungs-Ultrakurzpuls-Lasern gegen eine Vielzahl anderer Bewerbungen durchgesetzt. In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF geförderten Verbundprojekt PIKOFLAT haben die Schepers GmbH und die kooperierenden Unternehmen und Institute eine neue Scannertechnologie und neue Abtragprozesse entwickelt, die Scan-Geschwindigkeiten bis zu 50 m/s erlauben. Mit einem schnell drehenden Rotationszylinder und einem zusätzlichen schnellen Scanner auf Basis eines akustooptischen Deflektors, können Pikosekunden- Laserpulse von über 10 MHz für die qualitativ hochwertige Mikrobearbeitung eingesetzt werden. Der Innovation Award Laser Technology wird vom Arbeitskreis Lasertechnik e.V. und dem European Laser Institute ELI alle zwei Jahre als europäischer Wissenschaftspreis verliehen.
Abb.: An der Industrieausstellung beteiligten sich in diesem Jahr 45 Partner aus dem Bereich der industriellen Lasertechnik, sowie das Laser Technik Journal als exklusiver Medienpartner. (Bild: Fh.-ILT)
Den Hauptteil des Kongresses nahm die Technologische Fachkonferenz am 10. und 11. Mai 2012 ein. In drei separaten Vortragsreihen wurden neue Entwicklungen in den Bereichen Strahlquellen und Lasermaterialbearbeitung im Mikro- und Makrobereich präsentiert.
Dr. Dieter Steegmüller (Daimler AG) betrachtete in seinem Eröffnungsvortrag vor allem zwei Trends: Mehr Flexibilität in der Fertigung und neue Materialien im Fahrzeugbau. Zu den Materialien zählte er hochfeste Stähle, neue Al-Legierungen, Magnesium und faserverstärkte Kunststoffe. Prof. Reinhart Poprawe, Leiter des Fraunhofer ILT, ging in seiner Präsentation danach auch auf das Thema Flexibilität ein. Unter der Überschrift »Digital Photonic Production« skizzierte er eine neue Welt der Fertigung, in der nahezu beliebig komplexe Bauteile hochpräzise in kürzester Zeit sowohl individuell als auch serienmäßig direkt nach computergenerierten Vorgaben gefertigt werden können.
Dass dies an vielen Stellen bereits Realität ist, zeigte sich in den weiteren Vorträgen: Zum Beispiel bei der erweiterten Anwendung von generativen Laserverfahren (LAM) im Flugtriebwerkbereich. Dort zeigt sich, dass gerade die generativen Verfahren sowohl eine hohe Flexibilität anbieten und gleichzeitig eine maximale Individualisierung in der Fertigung ohne zusätzliche Kosten ermöglichen. Poprawe fasste die Vorteile der Digital Photonic Production markant zusammen: Complexity and individualization for free.
Im Bereich der Strahlquellen ging es neben den aktuellen Entwicklungen bei Dioden- und Faserlasern einmal mehr um Ultrakurzpulslaser (UKP). Mit der Verfügbarkeit von Systemen mit über 100 Watt Durchschnittsleistung eröffnen sich völlig neue Anwendungsfelder. Eine neue Generation von UKP-Lasern mit hoher Betriebssicherheit, langer Lebensdauer und vertretbaren Kosten hat damit endgültig den Einstieg in die industrielle Fertigung geschafft.
Abb.: Am Eingang des Fraunhofer ILT erwartete die Besucher der Live-Präsentationen eine Eisskulptur. Bei genauerem Hinsehen konnte man ein metallisches Jochbein entdecken, das mittels Selective Laser Melting (SLM) hergestellt wurde. (Bild: Fh.-ILT)
Für alle Teilnehmer, die am Freitag Nachmittag noch in Aachen bleiben konnten, gab es einen besonderen Höhepunkt: Nicht weniger als 79 verschiedene Stationen präsentierten im Anlagenpark des Fraunhofer ILT aktuelle Forschungsergebnisse und Entwicklungen in der industriellen Lasertechnik. Dazu gehörten die Bereiche Lasermaterialbearbeitung genauso wie die EUV-Technologie oder die Laserstrahlquellen und Optikkomponenten. Die Einsatzbereiche sind vielfältig: neben dem Maschinenbau gehören auch die Medizintechnik und Elektronik, die Flugzeug- und Automobilindustrie sowie die Energie- und die Solartechnik dazu.
Auf großes Interesse stieß unter anderem der Hochleistungskurzpulslaser, der mit seiner Ausgangsleistung von mehr als 1 kW den High-end Bereich definiert. Projektleiter Dr. Peter Rußbüldt erklärte am offenen System technische Details. Für die hervorragende standort- und themenübergreifende Zusammenarbeit zum Thema Laserplattform zur Skalierung der Leistung ultrakurzer Laserpulse erhielt das Fraunhofer ILT gemeinsam mit mehreren Verbundpartnern aus Wissenschaft und Wirtschaft den Wissenschaftspreis des Stifterverbandes 2012. Dieser Preis wurde am 8. Mai 2012 im Rahmen der Fraunhofer-Jahrestagung in Stuttgart verliehen.
Fh.-ILT / OD