Alles Banane!
Der diesjährige IgNobel-Preis für Physik geht an japanische Forscher, die den Reibungskoeffizienten unter einer Bananenschale gemessen haben.
Die IgNobel-Preise sind das launige Pedant zu den ernsthaften Nobelpreisen. Die diesjährige Verleihung fand am 18. September wie gewohnt an der Harvard University statt. Die skurrile Zeremonie umfasst neben der Premiere einer wissenschaftlichen Mini-Oper die Übergabe der Preise durch echt Nobelpreisträger, wie Martin Chalfie (Chemie 2008), Carol Greider (Physiologie oder Medizin) oder Dudley Herschbach (Chemie, 1986). Die IgNobel-Preise würdigen Forschungen, die einen erst zum Lachen und dann zum Nachdenken bringen.
Das trifft beim diesjährigen IgNobel-Preis für Physik sicherlich zu, denn schließlich ist das Objekt der ausgezeichneten Forschung ein Klassiker des Slapstick-Humors: das Ausrutschen auf einer Bananenschale. Unter Leitung von Kiyoshi Mabuchi, Professor für Biomedizinisches Ingenieurwesen an der japanischen Kitasato-Universität, nahm sich eine Forschergruppe der Frage an, wie groß der Reibungskoeffizient von Bananenschalen ist und welche Faktoren für ihre Rutschigkeit sorgen.
Bei den dafür nötigen Experimenten wurde die Schale mit der weichen Innenseite nach unten auf eine Linoleum-Platte gelegt, unter der ein Kraftmesser angebracht war. Eine Versuchsperson musste nun mit einem Schuh auf die Bananenschale zu treten, natürlich kontrollierter als das im Alltag üblich wäre. Insgesamt kamen bei der Versuchsreihe 12 frische Schalen unter die Sohle.
Ausrutschen auf einer Bananenschale, aber mit wissenschaftlicher Genauigkeit (Foto aus: K. Mabuchi et al. Tribology Online 7, 147 (2012))
Der gemessene Reibungskoeffizient für frische Bananenschalen auf Linoleum liegt nach diesen Messungen bei ungefähr 0,07 und ist damit sehr niedrig. Für eine Ledersohle auf Holz liegt er bei etwa 0,35. Die japanischen Forscher haben zum Vergleich auch die Reibungskoeffizienten andere Obstschalen gemessen, zum Beispiel von Äpfeln (um 0,11), Zitronen (rund 0,2) und Mandarinen (0,23).
Das nicht gänzlich unerwartete alarmierende Ergebnis: Eine Bananenschale lässt die Reibung unter einer Schuhsohle auf ein Fünftel sinken. Damit, so Mabuchi et al., erhöht sich die Rutschgefahr dramatisch. Sie weisen aber auch darauf hin, dass dabei der Winkel zwischen der Achse des Beines und der Vertikalen eine entscheidende Rolle. Liegt dieser Winkel unter 3,8 Grad, lässt sich das Ausrutschen mit großer Sicherheit vermeiden. Bei einem normalen Schritt liegt der Winkel bei 15 Grad und der unsanfte Fall ist garantiert.
So naheliegend der Versuch und seine Ausführung auch sein mögen, die japanischen Forscher betonen ausdrücklich, dass es bislang niemand gewagt habe, das Reibungsverhalten der Bananenschalen tatsächlich wissenschaftlich zu untersuchen. Die frischgebackenen IgNobel-Preisträger haben aber auch eine Antwort auf die Frage gefunden, was die besondere Rutschigkeit der Bananenschale verursacht. Ihre mikroskopischen Untersuchungen zeigen, dass sich das Gel aus mikrometergroßen Follikeln auf der Innenseite der Bananenschale durch den Druck des Fußes in eine homogene kolloidale Dispersion verwandelt, die deutlich gleitfähiger ist.
Ist das nun reine Grundlagenforschung auf dem Gebiet der komödiantischen Physik? Durchaus nicht, denn das Projekt hat Anwendungsrelevanz für Mabuchis eigentliches Forschungsgebiet, die Gelenke im menschlichen Körper. „Der Mechanismus, der die Reibung in Gelenken verringert, ist derselbe, der eine Bananenschale so rutschig macht“, sagte Mabuchi bei der Preiszeremonie. Dort präsentierte er auch eine überraschende Anwendung für Bananenschalen: als ultimative Waffe gegen das tapsige Monster Godzilla.
Alexander Pawlak