24.10.2007

Am Puls der Zeit

Andreas Bauch ist in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig für die Übertragung der Zeit verantwortlich - natürlich auch bei der Zeitumstellung am nächsten Wochenende.

Braunschweig (dpa) - Er ist der Mann am Puls der Zeit. Andreas Bauch ist in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig für die Übertragung der Zeit verantwortlich. Aufgabe der PTB ist es, der Öffentlichkeit die gesetzliche Zeit zugänglich zu machen. Vor allem, wenn die Uhren zweimal im Jahr umgestellt werden, rücken Bauch und seine Mitarbeiter in das Bewusstsein der Menschen. In der Nacht von Samstag auf Sonntag (27. auf 28. Oktober) ist es mal wieder so weit, die Sommerzeit endet. Um 3.00 Uhr werden die Uhren um eine Stunde auf 2.00 Uhr zurückgestellt. Bauch will zu diesem Zeitpunkt in seinem Bett tief und fest schlafen. Die Technik macht es möglich. Alle Geräte lassen sich im Vorfeld so programmieren, dass die Zeitumstellung automatisch erfolgt.

In der Nacht der Zeitumstellung spielt vor allem der hessische Ort Mainhausen bei Offenbach eine entscheidende Rolle. Im Ortsteil Mainflingen der 9000-Einwohner-Stadt steht der Langwellensender DCF 77. Über ihn verbreitet die PTB die Zeitsignale im Umkreis von 2000 Kilometern. «Allein am Sender DCF 77 hängen 100 Millionen Uhren», sagt Bauch. Wer in Europa einen Funkwecker oder eine sonstige Funkuhr erwerbe, kaufe sich fast immer eine Verbindung nach Mainhausen, dem stärksten Zeitsignalsender Europas.

DCF 77 steuert mit seinen Signalen die Uhren der Deutschen Bahn, den Zeitansagedienst der Deutschen Telekom, Tarifschaltuhren der Energieversorger, Ampelanlagen, Schilderbrücken an Autobahnen, Internetserver, Heizungsanlagen, Parkautomaten und Jalousien an Hochhäusern. Ähnliche Anlagen gebe es nur noch in den USA, in Japan, in Großbritannien und in der Schweiz.

Bislang fuhr ein PTB-Mitarbeiter zwei Mal im Jahr von Braunschweig nach Mainflingen, um einige Wochen vor jeder Zeitumstellung die Anlage entsprechend einzustellen. Doch selbst das ist nun nicht mehr nötig. Eine neue Steuerelektronik enthält einen Chip, auf dem die Zeitumstellung im internen Kalender bereits auf Jahre hinaus programmiert ist. Eine Panne hat es seit der Einführung der Sommer- und Winterzeit im Jahr 1980 noch nie gegeben. Etwa einmal pro Jahr macht sich Bauch aber dennoch auf den Weg zum Sender. «Die praktischen Arbeiten erledigen allerdings die Ingenieure», erzählt der 50 Jahre alte Physiker.

«Mir gefällt meine Arbeit vor allem so gut, weil sie so vielfältig ist», sagt er. Der dreifache Familienvater sieht sich auch als Bindeglied zwischen PTB und Öffentlichkeit. Mehrmals wöchentlich führt er Besuchergruppen durch die PTB und erklärt, wie spannend und technisch anspruchsvoll Zeit sein kann.

Privat wie beruflich ist ihm die Zeit sehr wichtig, so ist Pünktlichkeit für ihn eine zentrale Tugend. «Ich mag es nicht, wenn ich um 19 Uhr verabredet bin und jemand erst um 20 Uhr vor der Tür steht und so tut, als ob ihm das egal sei», gesteht der Wissenschaftler, der in seine Freizeit gern schwimmt, Klavier spielt sowie Opern und Konzerte besucht.

Der gebürtige Wiesbadener hat in Mainz Physik studiert. 1983 erhielt er eine Doktorandenstelle an der PTB und zog nach Braunschweig. Trotz intensiver Beschäftigung mit Sekunden, Minuten und Stunden hat der 50-Jährige nicht alle Zeit-Versprechen eingehalten: «Meiner Frau hatte ich damals versprochen, dass wir nach drei Jahren wieder in unsere Heimat zurückgehen.» Aber wo kann man in Deutschland schon ein Zeitlabor leiten, wenn nicht in Braunschweig?

Bettina Jaeschke, dpa

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