06.09.2011

Angeregte Plasmaschwingungen im Graphen

Mikroskopische Streifenmuster aus zweidimensionalem Kohlenstoff bringen die Plasmonik voran.

Graphen hat eine Reihe von bemerkenswerten Eigenschaften, die neue Anwendungsmöglichkeiten eröffnen. Seine hohe Ladungsträgermobilität will man für ultraschnelle Feldeffekttransistoren nutzen. Zudem bewegen sich seine Elektronen wie relativistische Dirac-Elektronen. Ihre ungewöhnlichen kollektiven Schwingungen könnten in der Plasmonik eingesetzt werden, um Licht in Oberflächenplasmonen zu verwandeln, die sich mit mikrostrukturierten Chips verarbeiten ließen. Jetzt haben Forscher an der UC Berkeley in einem Streifenmuster aus Graphen Plasmonen mit Terahertzfrequenz angeregt.

Abb.: Gestreifte Graphenschichten für die Plasmonik – unter dem Rasterkraftmikroskop erscheinen die Graphenstege hell und die Zwischenräume dunkel. (Bild: Long Ju et al., Nature Nano)

Plasmaschwingungen lassen sich durch Lichtwellen an der Grenzfläche einer elektrisch leitenden Schicht und eines Dielektrikums anregen. Sie breiten sich dann zusammen mit dem elektromagnetischen Feld entlang der Grenzschicht aus. Diese Oberflächenplasmonen haben dieselbe Frequenz wie das anregende Licht jedoch eine viel kleinere Wellenlänge. Dadurch „passen“ sie selbst in mikro- oder sogar nanometerfeine Strukturen, in denen sie sich umwandeln oder verarbeiten lassen.

Solche Plasmaschwingungen haben Forscher um Feng Wang jetzt in monoatomaren Graphenschichten angeregt, die auf einer Unterlage aus Siliziumoxid aufgetragen waren. In die Graphenschichten hatten sie lithographisch ein Streifenmuster hineingeschnitten. Die Stege und die Zwischenräume hatten die gleiche Breite, die je nach Probe ein, zwei oder vier Mikrometer betrug. Diese „halbe“ Graphenlage wurde von einer lichtdurchlässigen Ionen-Gel-Elektrode bedeckt. Mit einer angelegten Gate-Spannung ließ sich die Dichte der beweglichen Ladungen in der Graphenschicht verändern.

Die Graphenschicht wurde mit linear polarisiertem Infrarotlicht bestrahlt und ihre Lichtdurchlässigkeit abhängig von der Lichtfrequenz gemessen. War das Licht parallel zu den Streifen polarisiert, so fiel das Absorptionsvermögen der Schicht monoton mit zunehmender Frequenz ab. Interessanter wurde es, wenn das Licht quer zu den Streifen polarisiert war. Dann trat eine deutliche Resonanz bei etwa 3 THz auf. Die halbe Graphenlage absorbierte dabei mehr als 13 Prozent des einfallenden Lichtes und wandelte es in Oberflächenplasmonen um. Die Graphenstreifen zeigten diese deutlichen Resonanzen bei Zimmertemperatur, während sie für herkömmliche zweidimensionale Elektronengase nur bei Temperaturen von 4,2 K beobachtet wurden.

Die Forscher untersuchten, wie die Resonanz- oder Plasmafrequenz ωp von der Breite b der Streifen und von der Dichte n der beweglichen Ladungsträger in der Graphenschicht abhing. Erwartungsgemäß war die Frequenz umso höher je schmaler die Streifen waren: ωp = const. × b-1/2. Die Ladungsträgerdichte n bestimmten Feng Wang und seine Kollegen indirekt. Für die masselosen Dirac-Elektronen in zwei Dimensionen wuchs n quadratisch mit der Fermi-Energie an, die sich mit Hilfe der Gate-Spannung verändern ließ. Durch spektroskopische Messung der Fermi-Energie konnten die Forscher schließlich einen Zusammenhang zwischen Plasmafrequenz und Ladungsträgerdichte gewinnen: ωp = const. × n1/4.

Insgesamt ergab sich folgender Zusammenhang zwischen Plasmafrequenz, Streifenbreite und Ladungsträgerdichte: ωp = const. × n1/4 × b-1/2. Damit wurde es möglich, die Lage der Plasmonenresonanz zu kontrollieren. Zuerst wählte man den Frequenzbereich mit Hilfe der Streifenbreite, dann stellte man die gewünschte Plasmonenfrequenz mit Hilfe der Gate-Spannung ein.

Die Forscher sind zuversichtlich, dass man mit Graphenproben von höherer Qualität noch wesentlich schärfere Plasmonenresonanzen erhalten kann, die sich dann in gewünschter Weise schalten lassen. So könnte man aus strukturierten Graphenschichten plasmonische Schaltkreise oder Metamaterialien herstellen, mit denen sich Infrarot- und Terahertzstrahlung kontrollieren ließen.

Rainer Scharf

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