Argon auf Tschurjumow-Gerassimenko
Nachweis stützt die These, dass das Wasser auf der Erde nicht von Kometen stammt.
Das Massenspektrometer ROSINA auf der Raumsonde Rosetta hat erstmals das Edelgas Argon in der Kometenhülle von Tschurjumow-Gerassimenko entdeckt. Kometen werden als Abkömmlinge von Planeten-Vorläufern, sogenannten Planetesimalen, betrachtet, die in der Frühphase des Sonnensystems einen Großteil der flüchtigen Bestandteile zu den Planeten beigesteuert haben könnten – auch hier auf der Erde. „Kometen brachten wohl auch Wasser auf unseren Planeten", sagt Hans Balsiger vom Physikalischen Institut der Universität Bern. „Wie viel sie aber zur gesamten Wassermasse beitrugen, ist umstritten."
Abb.: Das Edelgas Argon wurde mithilfe des Berner Massenspektrometers ROSINA entdeckt. (Bild: UniBE)
Balsigers Team konnte nun im Rahmen der ESA-Kometenmission Rosetta Argon in der Koma, also der Gashülle des Kometen Tschurjumow-Gerassimenko messen – es ist das erste Mal überhaupt, dass es Forschenden gelungen ist, dieses Gas auf einem Kometen nachzuweisen. Die Entdeckung stützt die These, wonach das irdische Wasser nicht hauptsächlich von Kometen stammt. Das gemessene Verhältnis von Argon und Wasser auf dem Kometen unterscheidet sich nämlich deutlich von dem auf der Erde. „Würde hier dasselbe Verhältnis herrschen, hätten wir viel mehr Argon in der Atmosphäre", erklärt Balsiger.
Die Messung von Kometengasen vor Ort ist ein Hauptziel der Rosetta-Mission. Zum Einsatz kommt dabei das an der Universität Bern gebaute Massenspektrometer ROSINA. Dieses kann in einer für Weltraum-Instrumente bisher unerreichten Auflösung die Masse von Molekülen bestimmen. Bislang waren Forschende auf Messungen aus der Distanz mit Teleskopen und nur einer Messung vor Ort beim Kometen Halley im Jahre 1986 angewiesen. Die einzigen direkt zugänglichen Untersuchungsobjekte aus den Tiefen des Alls waren auf die Erde gefallene Meteoriten. „Derart komplete Informationen wie ROSINA können diese uns aber nicht liefern", so Balsiger.
Im Oktober 2014 entdeckte das Massenspektrometer zwei Argon-Isotope, als Rosetta auf der Suche nach einem Landeplatz für das Modul Philae auf bis zu 10 Kilometer an den Kometen heranflog. Vier Tage lang verglich das Forscherteam das Vorkommen von Argon mit dem anderer Moleküle in der Kometenhülle. „Obwohl das Signal sehr schwach war, konnten wir das Vorkommen von Argon in der Kometenhülle bestätigen und kennen auch dessen Verhältnis zu Wasser", sagt Hans Balsiger. Dieses erlaubte neue Aufschlüsse dazu, ob Kometen vor Jahrmilliarden, als sie die Oberfläche unseres jungen Planeten „bombardierten", das Wasser zur Erde brachten. Für Balsiger ist aufgrund der Messergebnisse klar: Der Beitrag von Kometen wie Tschurjumow-Gerassimenko zu den Ozeanen der Erde ist – falls überhaupt – sehr gering. Frühere Daten von ROSINA zum Verhältnis von Deuterium zu Wasserstoff hatten bereits in diese Richtung gewiesen.
Edelgas-Messungen geben nicht nur Auskunft über den Ursprung des irdischen Wassers. Sie spielen auch eine Schlüsselrolle in der noch fehlenden Ermittlung von flüchtigen Bestandteilen von Kometen. Sie liefern zudem Antworten auf die Frage nach der Entstehungstemperatur des ursprünglichen Kometenmaterials – den Eispartikeln, die sich vor rund 4,5 Milliarden Jahren in den sehr kalten Bereichen außerhalb des Orbits des Planeten Neptun zu Planetesimalen ballten.
U. Bern / PH