Ariane und Sojus in Kourou
Die europäische und die russische Weltraumbehörde wollen aus Europas Raumfahrtbahnhof Kourou die weltweit erste Adresse für Raketenstarts machen.
Kourou (dpa) - Die europäische und die russische Weltraumbehörde proben den immer engeren Schulterschluss - sie wollen aus Europas Raumfahrtbahnhof Kourou die weltweit erste Adresse für Raketenstarts machen. Während die Arme riesiger Spezialkräne schon seit langem auf einer Lichtung im Dschungel von Französisch-Guayana in den Himmel ragen, wird nun auch zeremoniell das Terrain für die bald von Kourou aus aufbrechende russische Sojus-Trägerrakete geebnet: An der dort mit großem Aufwand neu gebauten Sojus-Rampe setzen an diesem Montag Raumfahrtmanager einen symbolischen «Gagarin-Stein» - benannt nach dem Kosmonauten, der 1961 als erster Mensch die Erde umrundet hatte.
Überall waren in den vergangenen Monaten Betonmischer und bullige Lastwagen im Einsatz. Mehr als 200 Männer arbeiten hier trotz der tropischen Hitze und der hohen Luftfeuchtigkeit sechs Tage in der Woche. Am 21. November 2008 soll erstmals von dieser neuen Rampe aus dieser erprobte russische «Lastesel» in den Weltraum starten. Damit werden dann gleich drei verschiedene Trägerraketen in Kourou abheben können, um Satelliten oder Raumkörper jeder Art und Größe in das All zu bringen. «Wir sind dabei, in Kourou eine wunderbare Startmaschine aufzubauen», erläuterte unlängst Jean-Yves Le Gall vom europäischen Raketenbetreiber Arianespace: «2010 peilen wir insgesamt zehn Starts an - mit unserer Ariane-5, Europas neuer Vega-Rakete und der Sojus.»
Denn was unweit der Atlantikküste und in günstiger Nähe zum Äquator bei Kourou aus dem Erdreich gebaggert und aus dem Felsen gehauen wird, soll es möglich machen, in knapp zwei Jahren diesen «Stall» von Raketen auf die Reise in den Weltraum zu schicken - also nicht nur die dort schon heimische Ariane-5. So will die Europäische Weltraumorganisation ESA Mitte 2008 ihre kleine Vega-Trägerrakete auf Erstflug schicken. Mit ihrem hypermodernen Feststofftriebwerk P80 kann Vega bis zu 1,5 Tonnen schwere Satelliten in eine 700 Kilometer hohe Umlaufbahn befördern. Für die Rakete wird die Startrampe ELA 1 umgebaut - dort startete am 24. Dezember 1979 die erste Ariane.
Für die Sojus haben die Bagger eine viertel Million Kubikmeter Schutt und Felsgestein weggeschaufelt. Das verlässliche «Arbeitstier» der russischen Raumfahrt mit mehr als 1700 Starts vom kasachischen Baikonur aus erhält einen immensen Rauchkanal. Er wird beeindruckende 28 Meter tief in den Granitboden gelegt, um den ohrenbetäubenden Lärm und den Feuerstrahl beim Start zu kanalisieren. «2003 haben wir den Vertrag mit den Russen geschlossen, 2005 begannen die Bagger», sagt Michel Debraine von der ESA. Die Projektkosten: 221 Millionen Euro.
Das 90-Hektar-Startgelände, dem Dschungelstädtchen Sinnamary näher als das größere Kourou, soll bis zur Ankunft von 210 Russen im Juli auf seine künftige Aufgabe vorbereitet sein. Dass der Weltraumbahnhof dichter am Äquator liegt als Baikonur, erleichtert den Transport auch schwerer Lasten in einen 36 000 Kilometer hohen geostationären Orbit. So soll etwa die neue Sojus-Version 2-1B eine um vier Fünftel auf gut drei Tonnen erhöhte Nutzlast hieven können. Drei Starts einer Sojus im Jahr haben die Verantwortlichen im Auge. Das organisatorische Dach stellt Arianespace. Doch die so erfahrene Raumfahrtnation Russland bleibt führend mit im Spiel: «Sojus in Guayana», wie das Programm heißt, ist das Ergebnis einer seit langem bewährten Zusammenarbeit.
Stünden sie nebeneinander auf ihren Rampen, also nicht versteckt im Dschungel und weit voneinander entfernt, dann böte sich das Bild von Orgelpfeifen. 52 Meter hoch und 746 Tonnen schwer ist die starke Ariane-5-ECA. 300 Tonnen bringt die Sojus 2-1B bei einer Größe von 46 Metern auf die Waage. Vega, die «kleine Schwester» der Ariane, nimmt sich dagegen mit 137 Tonnen und 30 Metern fast winzig aus. Gemeinsam sollen sie Europas unabhängigen «Zugang zum Weltraum» sichern helfen.
Hanns-Jochen Kaffsack, dpa
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