Astro-Tipps Juni 2004
Venustransit: In einer Art Mini-Sonnenfinsternis zieht die Venus am 8. Juni als dunkler Punkt vor der Sonne vorbei.
Venustransit: In einer Art Mini-Sonnenfinsternis zieht die Venus am 8. Juni als dunkler Punkt vor der Sonne vorbei.
Hamburg (dpa) - Der Juni bietet ein außergewöhnliches astronomisches Schauspiel, das kein heute lebender Mensch je selbst beobachten konnte: Unser innerer Nachbarplanet Venus zieht in einer Art Mini-Sonnenfinsternis am 8. Juni als dunkler Punkt vor der Sonne vorbei. Die Astronomen sprechen von einem Venustransit oder Venusdurchgang. Für gute Augen ist die Venus dabei von 7.20 Uhr bis 13.23 Uhr als dunkler Punkt vor der Sonne erkennbar, etwa ein Dreißigstel des Sonnendurchmessers groß. Niemals darf man jedoch ohne ausreichenden Schutz wie etwa eine Spezialbrille in die Sonne sehen, und keinesfalls mit einem Fernglas oder Teleskop! Schwere Augenschäden bis zur völligen Erblindung drohen.
Es ist das erste Mal nach knapp 122 Jahren, dass sich Venus von der Erde aus betrachtet vor die Sonne schiebt. Diesmal kann der gesamte Verlauf dieses kosmischen Schauspiels von Mitteleuropa aus verfolgt werden. Der nächste Venustransit findet in der Nacht vom 5. auf 6. Juni 2012 statt und ist daher von Europa aus nicht beobachtbar. Wer diese beiden Venusdurchgänge verpasst, bekommt in seinem Leben keine weitere Chance mehr. Erst am 11. Dezember 2117 wird Venus abermals vor die Sonne treten, dieser Venustransit wird jedoch ebenfalls nicht von Europa aus zu sehen sein. Am 8. Dezember 2125 können Mitteleuropäer wieder einen Venustransit erleben.
Da Venus alle 7,5 Monate die Sonne umrundet, überholt sie die langsamer laufende Erde alle 19 Monate auf der Innenbahn. Doch nur sehr selten schiebt sich unser Nachbarplanet dabei exakt zwischen Sonne und Erde, sodass er als dunkler Punkt vor der grellen Sonnenscheibe erscheint. Die Venusbahn ist nämlich zur Erdbahnebene leicht geneigt. Deshalb läuft Venus fast immer ober- oder unterhalb der Sonne vorbei, wenn sie die Erde überholt. Nur wenn sie in der Überholphase die Erdbahnebene kreuzt, tritt sie von uns aus gesehen vor die Sonne.
In der Vergangenheit rüstete man zahlreiche Expeditionen aus, um von möglichst weit entfernten Orten einen Venustransit zu verfolgen. Ziel war es stets, durch exakte Beobachtungen die genaue Entfernung der Erde von der Sonne zu ermitteln. Denn die mittlere Distanz der Erde zur Sonne ist die grundlegende Entfernungseinheit in der Astronomie. Sie möglichst präzise zu ermitteln, ist Voraussetzung für die Auslotung der Tiefen des Universums. Verschiedene optische Phänomene sowie ungenaue Uhren ließen diese Bestimmung der Astronomischen Einheit jedoch längst nicht so genau ausfallen wie erhofft.
Heutzutage lässt sich mit der Radarechomethode recht präzise die Länge der Astronomischen Einheit ermitteln. Dabei wird die Laufzeit eines Radarsignals von der Erde zur Venus und zurück gemessen. Die Länge der Astronomischen Einheit wurde auf diese Weise zu 149.597.870 Kilometer bestimmt. Ein Lichtstrahl benötigt somit acht Minuten und zwanzig Sekunden, um die Distanz von knapp 150 Millionen Kilometern von der Sonne zur Erde zurückzulegen.
Nach ihrem Vorübergang vor der Sonne taucht Venus im letzten Junidrittel als strahlender Morgenstern vor Sonnenaufgang am Osthimmel auf. Bei Einbruch der Dunkelheit leuchtet dagegen Jupiter als auffälligstes Gestirn hoch am Südhimmel. Der Riesenplanet wandert durch das Sternbild Löwe und verschwindet bald nach Mitternacht im westlichen Horizontdunst. In der Nacht vom 23. auf den 24. Juni zieht der zunehmende Mond rund drei Grad nördlich an Jupiter vorbei. Mars und Saturn ziehen sich vom Abendhimmel zurück und werden im Laufe des Monats für das bloße Auge unsichtbar.
Den Fixsternhimmel beherrscht hoch im Süden der Rinderhirt, lateinisch Boötes genannt. Sein orange-rot leuchtender Hauptstern Arktur gehört zu den fünf hellsten Sternen. Neben Boötes ist der markante Sternenhalbkreis der Nördlichen Krone leicht zu entdecken. Während das Frühlingssternbild Löwe sich weiter nach Westen verschiebt, rückt am Osthimmel das Sommerdreieck höher. Es setzt sich aus den drei hellen Sternen Wega in der Leier, Deneb im Schwan und Atair im Adler zusammen. Tief am Südhimmel ist der Skorpion mit seinem roten Hauptstern Antares auszumachen. Der Große Wagen beginnt hoch im Nordwesten seinen Abstieg zum Nordhorizont.
Vollmond ist am Morgen des 3. Juni, Neumond am 17. Juni abends. Zum Vollmond steht unser Trabant fast genau in Erdnähe, was zu extremen Gezeiten führt - mit Springfluten ist zu rechnen. Die Sonne passiert am 21. Juni um 2.57 Uhr morgens den Gipfelpunkt ihrer Bahn, der astronomische Sommer beginnt. Danach nimmt die Mittagshöhe der Sonne wieder ab, man spricht von Sommersonnenwende. Der Sommerpunkt markiert den Beginn des Tierkreiszeichens Krebs. Nur fünf Stunden nach Sommerbeginn wechselt die Sonne aus dem Sternbild Stier in das Sternbild Zwillinge.
Hans-Ulrich Keller, dpa
Weitere Infos:
Venustransit-Seite des Kiepenheuer-Instituts für Sonnenphysik:
http://www.kis.uni-freiburg.de/vt-2004/