16.09.2016

Astronomie unter dem Meer

Das Isotop Eisen-60 dürfte es auf der Erde nicht geben. Dennoch findet man es in Tiefseeablagerungen. Wahrscheinlich stammt es von nahen Supernovae.

Vor rund 15 Jahren entdeckten Forscher der TU München in Tiefseeablagerungen des Südpazifik das Eisenisotop 60Fe. Das dürfte auf der Erde gar nicht vorkommen, denn die Halbwertzeit dieses Radionuklids von 2,6 Millionen Jahren ist kurz verglichen mit dem Alter unseres Sonnensystems, das vor 4,6 Milliarden Jahre entstanden ist. Alles 60Fe, das anfänglich vorhanden war, sollte inzwischen zerfallen sein. Auf der Erde gibt es keine natürlichen Quellen, die 60Fe produzieren. Somit kann das Radionuklid nur von außen stammen.

Mit dieser Entdeckung begann eine wissenschaftliche Fahndung nach den Quellen dieses Isotops. Inzwischen fand sich 60Fe nicht nur in unterschiedlichen Archiven der Meeresböden (Abbildung 1), sondern auch in magnetischen Bakterien und Mondgestein. Alle derzeitigen Messungen bestätigen ein breites Signal in einem Zeitbereich zwischen 1,7 und 3,2 Millionen Jahren vor unserer Zeit. Wahrscheinlich entstand das 60Fe in mehreren Sternexplosionen, woraufhin das Radionuklid mit den Explosionswolken zur Erde gelangte und sich in den Meeren ablagerte.

Abb. 1 Drei untersuchte Tiefsee-Archive: Links eine pazifische Kruste (etwa 30 cm lang), Mitte eine südatlantische Manganknolle (4 cm) sowie rechts ein Stück Tiefseesediment aus dem Indischen Ozean in der Größe eines 2-Euro-Stücks. 

Modellrechnungen bringen das 60Fe-Signal mit der Lokalen Superblase in Verbindung (Abbildung 2). Sie besitzt eine Ausdehnung von etwa 300 bis 600 Lichtjahren in der Ebene unserer Galaxie. In der solaren Umgebung existieren weitere solcher Superblasen: Unsere direkte Nachbarin ist die Loop I, die etwa gleichzeitigt mit der Lokalen Superblase entstand. Unsere Blase wurde durch schätzungsweise 16 Supernova Explosionen in den vergangenen 13 Millionen Jahren gebildet. Dabei fegten mehrmals die expandierenden Überreste der Sterne über das Sonnensystem hinweg und könnten so das 60Fe zur der Erde getragen haben.

Abb. 2 3D-Simulation der benachbarten Superblasen Loop I (rechts) und der Lokalen Blase (links), wie sie vor 2,2 Millionen Jahren ausgesehen haben könnten (Bild: Michael M. Schulreich). 

Jenny Feige von der TU Berlin gehörte zu dem Team, welches das 60Fe-Rätsel weitgehend aufklären konnte. In der aktuellen Ausgabe von Physik in unserer Zeit präsentiert sie den aktuellen Stand der Forschung. Außerdem stellt sie diese Forschungsgeschichte in einem Video vor.

Der Originalartikel steht hier bis einschließlich 22.9. zum freien Download bereit (anschließend nur noch mit gültigem Online-Abo).

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