28.05.2013

Astrophysiker erhält Heinz Maier-Leibnitz-Preis

Forschung an effizienten Methoden zur Entdeckung unbekannter Neutronensterne ausgezeichnet.

Der Astrophysiker Holger Pletsch, Leiter einer unabhängigen Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut/AEI) und dem Institut für Gravitationsphysik der Leibniz Universität Hannover, forscht an effizienten Methoden zur Entdeckung unbekannter Neutronensterne anhand ihrer Gravitationswellen- und Gammastrahlenemission. Für seine herausragenden Arbeiten erhält er den renommierten Heinz Maier-Leibnitz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Am 3. Juni 2013 wird der mit 20.000 Euro dotierte Preis im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung im Magnus-Haus in Berlin überreicht.

Abb.: Diese künstlerische Darstellung zeigt den flinken Begleitstern (rechts) während er um den Pulsar J1311-3430 (links) rast.
(Bild: NASA / ESA)

Vor fast 100 Jahren entwickelte Albert Einstein seine Allgemeine Relativitätstheorie, die unser Verständnis des Universums revolutionierte. Viele der Vorhersagen dieser Theorie wurden inzwischen mit zunehmender Präzision experimentell nachgewiesen, doch die direkte Messung eines Effekts – sogenannter Gravitationswellen – steht weiterhin aus. Mit Hilfe dieser winzigen Verzerrungen der Raumzeit wollen Astronomen das Bild vom Kosmos vervollständigen und für die bekannten astronomischen Methoden unsichtbare astrophysikalische Objekte untersuchen.

Ein vielversprechendes Ziel dafür sind Neutronensterne, die sich anhand ihrer Emission von Gravitationswellen und Gammastrahlung aufspüren lassen sollen. In beiden Fällen begrenzt die verfügbare Rechenleistung die Empfindlichkeit der Datenanalyse. Holger Pletsch entwickelt mit AEI-Kollegen für diese Suche nach unbekannten Neutronensternen innovative und besonders effiziente Analysemethoden. Die Datenanalyse spielt neben der Entwicklung besserer Detektoren die entscheidende Rolle beim direkten Nachweis von Gravitationswellen. Denn die Datenströme existierender Instrumente sind durch Rauschquellen dominiert und mögliche zuvor unbekannte astrophysikalische Signale müssen daher mit großem Rechenaufwand herausgefiltert werden. Das gilt auch für die Suche nach den periodischen Gravitationswellensignalen von schnell rotierenden Neutronensternen.

Die verfügbare Rechenkraft für eine solche Suche zu optimieren, ist Gegenstand von Holger Pletschs Forschung. Die neu entwickelten Analysemethoden erweitern das erfasste Volumen im All um einen Faktor von rund 200. Die Wahrscheinlichkeit, Gravitationswellen von schnell rotierenden Neutronensternen zu entdecken, steigt damit um den gleichen Wert und die erste direkte Messung rückt einen Schritt näher. Pletsch hat diese Methoden zudem auf die physikalisch und mathematisch verwandte Suche nach sogenannten Gammapulsaren übertragen und so innerhalb kurzer Zeit mehrere Entdeckungen gemacht.

Pulsare sind rotierende Neutronensterne, die sich als kosmische Leuchtfeuer betätigen. Sie senden Gammaphotonen aus, die durch die Eigenrotation des Sternrests wie der Lichtstrahl eines Leuchtturms durchs All ziehen. Die Schwierigkeit, einen Gammapulsar in einer sogenannten Blindsuche eindeutig nachzuweisen liegt darin, dass a priori keiner der Parameter, die den Pulsar charakterisieren, exakt bekannt ist. Alle denkbaren Parameterkombinationen in mehreren Jahre umfassenden Datensätzen zu überprüfen und ein periodisches Signal aufzuspüren, erfordert daher einen enormen Rechenaufwand.

Holger Pletsch übertrug die ursprünglich für die Gravitationswellen-Datenanalyse entwickelten Methoden auf die Suche nach unbekannten Gammapulsaren. Mit diesen verbesserten, effizienteren Verfahren ließ sich ein größerer Parameterbereich mit höherer Empfindlichkeit als bislang untersuchen. So gelang Pletsch in Zusammenarbeit mit Kollegen vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn die Entdeckung von bislang elf neuen Gammapulsaren in Daten des Weltraumobservatoriums Fermi – mehr als ein Drittel der zuvor mit konventionellen Methoden gefundenen Pulsare. Darunter befinden sich viele außergewöhnliche Exemplare, deren Entdeckung eine Tür zu weiterer Forschung geöffnet hat.

AEI / CT

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