Asymmetrischer Kern verschiebt Achse des Erdmagnetfelds
Starke Ostdrift des Dipolfeldes liefert Hinweise auf eine Abschwächung und bevorstehende Umpolung.
Starke Ströme von flüssigem Eisen im Erdkern treiben den Geodynamo an und bauen das Erdmagnetfeld auf. Einen detaillierten Blick in diese Prozesse gelang nun amerikanischen Geophysikern mithilfe von Computersimulationen. So konnten sie die seit etwa 10.000 Jahren vorherrschende Westdrift der Magnetfeldachse mit einem asymmetrischen Aufbau des festen Erdkerns erklären. Dass heute diese Achse jedoch über 500 Kilometer weit im Osten liege, sei daher ein Hinweis auf eine Abschwächung und bald zu erwartende Umpolung des Magnetfelds.
Abb.: Chaotisch verteilen sich die Feldlinien des Erdmagnetfelds während einer Umpolung des sonst dominierenden Dipolfelds (Simulation; Bild: NASA)
Erst seit 200 Jahren verschiebt sich die Dipolachse nicht mehr nach Westen, sondern in die entgegengesetzte Richtung. Nur mit einer deutlichen Abschwächung des Magnetfeldes können Geophysiker diesen Effekt erklären. Messungen einer stark ausgeprägten Magnetfeldanomalie im Südatlantik untermauern diese These. Auch laut Peter Olson und Renaud Deguen von der Johns Hopkins University in Baltimore treten Änderungen der Dipolposition typischerweise auf, wenn sich die Intensität des Magnetfelds abschwächt, besonders vor Umpolungen, die sich im Laufe der 4,5 Milliarden langen Erdgeschichte schon öfters ereigneten.
Nur mit einem besseren Verständnis der komplexen Prozesse des Geodymanos können langfristige Änderunge des Erdmagnetfeldes erklärt werden. Genau das gelang Olson und Deguen für die vorherrschende Westdriftphase in den vergangenen 10.000 Jahren. Über Analysen der magnetischen Ausrichtung von Gesteinen, mithilfe von seismischen Untersuchungen des Erdinneren und Computersimulationen fanden sie die Ursache in der Struktur des festen Erdkerns.
Unter hohem Druck kristallisierte eisenreiches Material bevorzugt an der Westseite des Erdkerns aus und führte zu einer asymmetrischen Struktur. Umgekehrt schrumpfte der Erdkern wahrscheinlich auf seiner Ostseite und schmolz partiell auf. Gekoppelt mit der Erdrotation und starken Konvektionsströmen im flüssigen, äußeren Erdkern kann diese Asymmetrie für eine westliche Verschiebung des Dipolfeldes verantwortlich gemacht werden. Doch diese Entdeckung muss nicht im Widerspruch zu der aktuellen Ostdrift der Dipolachse stehen.
So kann eine allgemeine Abschwächung des Erdmagnetfelds den Einfluss des nach Westen ausgebeulten inneren Erdkerns überlagern. Genau diese Situation liegt offenbar seit der geologisch extrem kurzen Zeitspanne von 200 Jahren vor. Dass das Erdmagnetfeld jedoch in Kürze komplett zusammenbrichen und so die Erde nicht mehr vor gefährlicher Strahlung abschirmen wird, halten Geophysiker für unwahrscheinlich. Derzeit gehen Schätzungen davon aus, dass frühestens in ein bis zweitausend Jahren mit einer Umkehr des Dipolfeldes zu rechnen sei. Leichtgläubige Zeitgenossen, die mit dem Ende des Mayakalenders am 21. Dezember dieses Jahres den Weltuntergang erwarten, müssen sich also nach einer anderen plausiblen Erklärung umschauen.
Jan Oliver Löfken
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