13.05.2010

Atom schaltet Laserstrahl

An einzelnen Atomen in einem Hohlraumresonator wurde elektromagnetisch induzierte Transparenz beobachtet.

An einzelnen Atomen in einem Hohlraumresonator wurde elektromagnetisch induzierte Transparenz beobachtet.

Nichtlineare optische Effekte wie die elektromagnetisch induzierte Transparenz (EIT) machen es möglich, mit Licht die Ausbreitung von Licht zu steuern. Im Falle der EIT wird eine Substanz, die für einen Signalstrahl zunächst undurchlässig ist, plötzlich transparent sobald sie von einem Kontrollstrahl beleuchtet wird. Normalerweise ist die EIT ein Effekt, an dem zahllose Atome und Photonen beteiligt sind. Jetzt haben Forscher am MPI für Quantenoptik in Garching an einzelnen Atomen EIT beobachtet – und damit die Quantenkontrolle der Lichterzeugung, -ausbreitung und -absorption einen großen Schritt vorangebracht.

Abb.: Durch EIT kann ein Atom die Transparenz eines optischen Hohlraums schalten: Nahe 780 nm ist die Lichtdurchlässigkeit mit Kontrollstrahl (blaue Kurve und Punkte) deutlich höher als ohne (rote Kurve und Punkte). (Bild: Martin Mücke et al., Nature)

Um die Wechselwirkung zwischen einer kleinen Zahl von Rubidiumatomen und einem schwachen Signalstrahl aus wenigen Photonen zu verstärken, haben Gerhard Rempe und seine Kollegen die Atome in einen optischen Hohlraum gebracht. Der Hohlraum wurde durch zwei teildurchlässige Spiegel gebildet, die sich in einem Abstand von 495 µm gegenüberstanden. In diesem engen Spalt wurden die Atome nebeneinander, wie Perlen in einer Kette, von einer stehenden Lichtwelle festgehalten. Da die Atome zunächst optisch gekühlt wurden, ließen sie sich anhand des dabei auftretenden Streulichtes sichtbar machen und abzählen. Im Mittel waren bei den Versuchen etwa 15 Atome im Hohlraum.

Durch einen der beiden Spiegel drang der Signalstrahl in den Hohlraum ein, wurde vielfach zwischen den Spiegeln reflektiert und wechselwirkte dabei mit den Atomen. Die Intensität des durch den anderen Spiegel entweichenden Lichts wurde mit einem Photodetektor gemessen. Die Forscher variierten die Wellenlänge des Signalstrahls um 780 nm, die Anregungswellenlänge der Rubidiumatome für den Übergang 5S1/2 F=1 ↔ 5P3/2 F´=1. Befanden sich 15 Atome im Hohlraum, so zeigte dessen Lichtdurchlässigkeit ein deutliches Minimum bei 780 nm. Der Hohlraum ließ dann nahezu kein Licht mehr durch.

Für ihr EIT-Experiment wählten die Forscher einen zweiten Übergang aus, nämlich 5S1/2 F=2 ↔ 5P3/2 F´=1, der mit dem vom Signalstrahl angeregten ersten Übergang destruktiv interferierte und so die Lichtabsorption verhindern konnte. Ein starker Laserstrahl, der auf den zweiten Übergang abgestimmt war, wurde von der Seite her in den Hohlraum gestrahlt, so dass er auf die Atome wirkte. Die destruktive Interferenz der beiden angeregten Übergänge brachte die Atome in einen kohärenten "dunklen Zustand", der sich dadurch bemerkbar machte, dass der Signalstrahl in einem engen Intervall um 780 nm nahezu unbehindert den Hohlraum passieren konnte. Der mit 15 Atomen gefüllte Hohlraum war transparent geworden.

Wie sieht die EIT für eine noch kleinere Zahl von Atomen im Hohlraum aus? Die Forscher untersuchten die Lichtdurchlässigkeit des Hohlraums, wenn er 2 bis 7 Atome oder sogar nur ein einzelnes Atom enthielt. Zunächst war der Kontrollstrahl ausgeschaltet. Es zeigte sich, dass die wenigen Atome im Hohlraum den Signalstrahl nicht mehr vollständig blockieren konnten. Je kleiner die Zahl der Atome war, desto lichtdurchlässiger war der Hohlraum auch schon vor dem Anschalten des Kontrollstrahls. Doch selbst ein einzelnes Atom reduzierte die Transparenz des Hohlraums bei 780 nm noch auf unter 80 %.

Dann wurde der Kontrollstrahl eingeschaltet – und sogleich nahm die Transparenz deutlich zu. War ein Atom im Hohlraum, so erreichte sie über 95 %. Der Kontrast zwischen den vom Hohlraum durchgelassenen Lichtintensitäten bei aus- und eingeschaltetem Kontrollstrahl lag für ein einzelnes Atom bei 20 %. Rempe und seine Kollegen sind zuversichtlich, dass sich der Kontrast noch auf 90 % erhöhen lässt, wenn man die Wechselwirkung zwischen dem Atom und dem Licht im Hohlraum weiter verstärkt. Das ließe sich z. B. dadurch erreichen, dass man das Atom genau an einem Schwingungsbauch der Hohlraummode positioniert.

EIT mit einzelnen Atomen, die auch von Forschern um Dieter Meschede an der Universität Bonn beobachtet wurde, eröffnet interessante Möglichkeiten. Schaltet man den Kontrollstrahl langsam aus, während der Signalstrahl den Hohlraum durchquert, so wird der Hohlraum lichtundurchlässig und das in ihm vorhandene Licht des Signalstrahls kommt nicht mehr voran. Es wird von den Atomen gespeichert, bis man es durch Einschalten des Kontrollstrahls wieder in Bewegung setzt. Das haben viele EIT-Experimente mit Atomensembles gezeigt.

Diese EIT-Lichtspeicherung wird jetzt auch mit Einzelatomen möglich. Da jedes Atom höchstens ein Signalphoton aufnehmen kann, lässt sich mit einer vorgegebenen Zahl von Atomen eine bestimmte Zahl von Photonen vom Signalstrahl abziehen. Man hätte damit einen neuartigen nichtlinearen Strahlteiler. Außerdem kann man auf diese Weise die Photonenstatistik des Signalstrahls gezielt verändern. Die Kontrolle von Licht durch Licht hätte dann die Quantenebene erreicht.

RAINER SCHARF

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