Einem internationalen Forschungsteam aus Physik und Chemie ist es gelungen, die Penning-Ionisierung von Wasserstoffmolekülen zu steuern. Dabei handelt es sich um Energieübertragung beim Zusammenstoß von Helium-Atomen mit Wasserstoff-Molekülen. Berechnungen und theoretische Grundlagen für die Experimente lieferten Wojciech Skomorowski und Christiane Koch von der Universität Kassel gemeinsam mit Kollegen.
Abb.: Penning-Ionisation (Bild: Nvu4553, CC BY-SA 4.0)
Zwei Wasserstoffatome bilden das einfachste Molekül des Universums. Dennoch stellten kontrollierte Stöße dieser Moleküle mit hochangeregten Helium-Atomen ein internationales Forschungsteam aus Kassel, Israel, Polen und den Niederlanden vor ein großes Rätsel. Berechnungen von Skomorowski und Koch von der Universität Kassel sowie Kollegen aus Polen und den Niederlanden lieferten die Erklärung: In Experimenten am Weizmann-Institut in Rehovot, Israel, hatten israelische Forscher Zusammenstöße von hochangeregten Helium-Atomen mit Wasserstoff-Molekülen ausgelöst, bei denen sie die Stoßenergie extrem genau einstellen konnten. Die Anregungsenergie des Heliums kann sich beim Stoß auf die Wasserstoffmoleküle übertragen, was zur Ionisierung des Wasserstoffmoleküls führt. Diesen Prozess bezeichnet man als Penning-Ionisierung.
„Das Interessante an Prozessen wie der Penning-Ionisierung ist, dass bei niedrigen Stoßenergien eine Resonanz, das heißt eine stark erhöhte Wahrscheinlichkeit für die Ionisierung, eintritt, die durch den quantenmechanischen Tunneleffekt verursacht wird“, erklärt Christiane Koch, Leiterin des Fachgebiets Quantendynamik und -kontrolle an der Universität Kassel. „Allerdings wurde die Resonanz nur für Ortho-Wasserstoff beobachtet, nicht für Para-Wasserstoff.“ Wasserstoffmoleküle können in zwei verschiedenen Konfigurationen auftreten – ortho oder para – die sich nur darin unterscheiden, wie die Spins ihrer Atomkerne ausgerichtet sind. „Die Ausrichtung des Kernspins gemeinsam mit dem quantenmechanischen Prinzip der Ununterscheidbarkeit von Atomkernen führt dazu, dass für Para- und Ortho-Wasserstoff unterschiedliche Rotationszustände erlaubt sind“, so Koch weiter.
Zusammen mit ihrem Mitarbeiter Wojciech Skomorowski lieferte sie die theoretische Erklärung für die experimentellen Beobachtungen. „Mit hochgenauen Rechnungen konnten wir zeigen, dass der Rotationszustand des Wasserstoffmoleküls die effektive Wechselwirkung mit dem Helium-Atom so modifiziert, dass eine Resonanz auftritt oder eben nicht. Konkret kommt bei rotationsangeregten Ortho-Wasserstoffmolekülen die Anisotropie, d.h. die Richtungsabhängigkeit der Wechselwirkung zum Tragen, während sich dieser Beitrag für Para-Wasserstoffmoleküle herausmittelt. Damit konnten wir nachweisen, dass quantenmechanische Tunnel-Resonanzen die Möglichkeit bieten, den richtungsabhängigen vom kugelsymmetrischen Teil der Wechselwirkung zwischen den Stoßpartnern Wasserstoff und Helium zu unterscheiden. Außerdem konnten wir erstmalig zeigen, dass der quantenmechanische Rotationszustand des Moleküls die Richtungsabhängigkeit der Wechselwirkung ein- bzw. ausschaltet.“
U. Kassel / DE