31.10.2016

Atomarer Stoß mit Richtungssinn

Penning-Ionisierung zwischen Helium und Wasserstoff exakt gelenkt.

Einem internationalen Forschungsteam aus Physik und Chemie ist es gelungen, die Penning-Ionisierung von Wasserstoff­molekülen zu steuern. Dabei handelt es sich um Energie­übertragung beim Zusammenstoß von Helium-Atomen mit Wasserstoff-Molekülen. Berechnungen und theoretische Grundlagen für die Experimente lieferten Wojciech Skomorowski und Christiane Koch von der Universität Kassel gemeinsam mit Kollegen.

Abb.: Penning-Ionisation (Bild: Nvu4553, CC BY-SA 4.0)

Zwei Wasserstoffatome bilden das einfachste Molekül des Universums. Dennoch stellten kontrollierte Stöße dieser Moleküle mit hochangeregten Helium-Atomen ein inter­nationales Forschungsteam aus Kassel, Israel, Polen und den Niederlanden vor ein großes Rätsel. Berechnungen von Skomorowski und Koch von der Universität Kassel sowie Kollegen aus Polen und den Niederlanden lieferten die Erklärung: In Experimenten am Weizmann-Institut in Rehovot, Israel, hatten israelische Forscher Zusammenstöße von hoch­angeregten Helium-Atomen mit Wasserstoff-Molekülen ausgelöst, bei denen sie die Stoß­energie extrem genau einstellen konnten. Die Anregungs­energie des Heliums kann sich beim Stoß auf die Wasserstoff­moleküle übertragen, was zur Ionisierung des Wasserstoff­moleküls führt. Diesen Prozess bezeichnet man als Penning-Ionisierung.

„Das Interessante an Prozessen wie der Penning-Ionisierung ist, dass bei niedrigen Stoßenergien eine Resonanz, das heißt eine stark erhöhte Wahrscheinlichkeit für die Ionisierung, eintritt, die durch den quanten­mechanischen Tunnel­effekt verursacht wird“, erklärt Christiane Koch, Leiterin des Fachgebiets Quanten­dynamik und -kontrolle an der Universität Kassel. „Allerdings wurde die Resonanz nur für Ortho-Wasserstoff beobachtet, nicht für Para-Wasserstoff.“ Wasserstoff­moleküle können in zwei verschiedenen Konfigurationen auftreten – ortho oder para – die sich nur darin unterscheiden, wie die Spins ihrer Atomkerne ausgerichtet sind. „Die Ausrichtung des Kernspins gemeinsam mit dem quanten­mechanischen Prinzip der Un­unterscheidbar­keit von Atomkernen führt dazu, dass für Para- und Ortho-Wasserstoff unterschiedliche Rotations­zustände erlaubt sind“, so Koch weiter.

Zusammen mit ihrem Mitarbeiter Wojciech Skomorowski lieferte sie die theoretische Erklärung für die experimentellen Beobachtungen. „Mit hochgenauen Rechnungen konnten wir zeigen, dass der Rotations­zustand des Wasserstoff­moleküls die effektive Wechselwirkung mit dem Helium-Atom so modifiziert, dass eine Resonanz auftritt oder eben nicht. Konkret kommt bei rotations­angeregten Ortho-Wasserstoff­molekülen die Anisotropie, d.h. die Richtungs­abhängigkeit der Wechselwirkung zum Tragen, während sich dieser Beitrag für Para-Wasserstoff­moleküle herausmittelt. Damit konnten wir nachweisen, dass quanten­mechanische Tunnel-Resonanzen die Möglichkeit bieten, den richtungs­abhängigen vom kugel­symmetrischen Teil der Wechsel­wirkung zwischen den Stoß­partnern Wasserstoff und Helium zu unterscheiden. Außerdem konnten wir erstmalig zeigen, dass der quanten­mechanische Rotations­zustand des Moleküls die Richtungs­abhängigkeit der Wechsel­wirkung ein- bzw. ausschaltet.“

U. Kassel / DE

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