Atomares Feedback
Eine mikroskopische Rückkopplung hindert ein einzelnes Atom daran, aus einer optischen Falle zu entweichen.
Eine mikroskopische Rückkopplung hindert ein einzelnes Atom daran, aus einer optischen Falle zu entweichen.
Mit Rückkopplung oder Feedback lässt sich eine Messgröße, z. B. die Raumtemperatur, durch einen geeigneten Prozess, wie Heizung oder Kühlung, nahe einem vorgegebenen Soll-Wert halten. Die auf diese Weise geregelten Systeme sind zumeist makroskopisch, doch auch das Verhalten von nanomechanischen Objekten, Molekülen oder Ionen lässt sich so steuern. Jetzt haben Forscher am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching die Bewegung eines einzelnen ungeladenen Atoms in einer optischen Falle durch Feedback kontrolliert und es dabei so stark abgekühlt, dass seine Verweildauer in der Falle auf das Hundertfachte zunahm.
Abb.: Atomares Feedback: Die Position des Atoms zwischen den Resonatorspiegeln wird mit Hilfe einzelner Photonen (gelb) gemessen und an die Rückkopplungselektronik gegeben, die daraufhin den „kühlenden“ blauen Laserstrahl gezielt an- und abschaltet. (Bild: MPQ)
Während sich bewegende Ionen anhand ihrer elektrischen Ladung verfolgen und lenken lassen, ist das bei ungeladenen Atomen wesentlich schwieriger. Die Garchinger Forscher um Alexander Kubanek und Gerhard Rempe haben die Bewegung einzelner Rubidiumatome in einem optischen Hohlraum mit Laserlicht beobachtet und beeinflusst. Dazwischen lag eine elektronische Rückkopplung, die schneller arbeitete, als das Atom für seine Oszillationen in der Falle benötigte.
Das Laserlicht musste so intensiv sein, dass es die Bewegungen des Atoms verfolgen und lenken konnte doch dabei das Atom nicht so stark erwärmte, dass es aus der Falle entwich. Um die optische Positionsmessung und Steuerung des Atoms so schonend wie möglich zu machen, hielten es die Forscher mit einer stehenden Lichtwelle in einem optischen Hohlraumresonator zwischen zwei Spiegeln. Die Lichtwelle war rotverstimmt gegen einen speziellen Hyperfeinübergang des Rubidiumatoms, sodass sich das Atom nahe einem Schwingungsbauch der Lichtwelle aufhielt. Da das rotverstimmte Licht eine geringe Intensität hatte, hinderte es das Atom nur, sich längs der Achse des zylindrischen Hohlraums zu bewegen, nicht aber daran, radial von der Achse wegzufliegen und den Hohlraum zu verlassen.
Sobald sich das Atom von der Achse wegbewegte, änderte sich die Resonanzfrequenz des Hohlraums. Das ließ sich mit einem Laserstrahl beobachten, der durch einen der beiden (teildurchlässigen) Spiegel axial in den Resonator eingestrahlt wurde. War das Atom nahe der Achse, dann verstimmt es den Hohlraum so, dass die Laserphotonen ihn nicht durchqueren konnte. Das Atom blockierte den Strahl, ohne dabei merklich zur spontanen Lichtemission angeregt und gestört zu werden. Je weiter sich das Atom von der Achse wegbewegte, umso mehr Photonen konnten den Hohlraum durchqueren und ihn durch den zweiten Spiegel verlassen, wo sie von Photodetektoren registriert wurden.
Auf diese Weise wurde die Position des Atoms schonend beobachtet. Die gewonnene Information wurde an eine schnelle Rückkopplungselektronik gegeben, die die Einstrahlung eines weiteren, blauverstimmten Laserstrahls in den Hohlraum innerhalb von einer Mikrosekunde steuerte. Der Laserstrahl bildete eine stehende Lichtwelle, deren Bereiche hoher Intensität vom Atom gemieden wurden, wobei sie die Resonatorachse wie Rettungsringe umgaben. Flog das Atom radial nach außen, so musste es „bergauf“ gegen das Lichtfeld anlaufen und wurde abgebremst. Hatte das Atom seinem Umkehrpunkt erreicht, dann schaltete die Rückkopplung den blauverstimmten Laser ab, sodass das Atom nahezu in Ruhe blieb. Die Rückkopplung sorgte dafür, dass das Atom stets bergauf laufen musste. Es verlor dabei Bewegungsenergie und kühlte sich ab.
Durch diese dynamische Kühlung konnten die Forscher die Verweildauer des Atoms im Hohlraumresonator erheblich verlängern. Waren die Atome ohne Feedback etwa 6 ms in der Falle geblieben, so blieben sie dort mit Rückkopplung bis zu 24 ms lang. Mit einem verbesserten Versuchsaufbau und einem noch schnelleren Feedback haben die Forscher inzwischen Verweildauern von etwa einer Sekunde erreicht. Das Experiment eröffnet viele faszinierende Möglichkeiten. Zum einen ist die dynamische Kühlung wesentlich schneller als die vielfach eingesetzte Laserkühlung, sie sollte aber ähnlich tiefe Temperaturen erreichen. Zum anderen lassen sich die Beobachtung und Steuerung der atomaren Bahn noch verbessern und an die Grenzen des quantenmechanisch Möglichen bringen.
RAINER SCHARF
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