25.06.2015

Atome schwungvoll ausmessen

Neue Technik bei der Rasterkraftmikroskopie erlaubt präzisere Bestimmung atomarer Kräfte.

Ein unersetzliches Werkzeug zum Abtasten von Oberflächen ist das Rasterkraftmikroskop. Je nach Betriebsmodus erreichen solche Geräte Auflösungen bis hin zu einzelnen Atomen. Ein besonders hochauflösender Modus ist der dynamische Modus, bei dem die Sensorspitze durch einen externen Taktgeber zu Schwingungen angeregt wird. Außerdem liegt eine Spannung zwischen Messspitze und Objekt an, wodurch elektrostatische Kräfte zwischen Sensor und Oberfläche auftreten. Bei Annäherung an die Probe ändert sich durch diese Kräfte das Schwingungsverhalten und die Resonanzfrequenz verschiebt sich. Damit lassen sich Oberflächen sehr präzise mechanisch berührungsfrei abtasten und unter anderem Ladungsverteilungen in Halbleitern oder Bindungsstellen in Molekülen untersuchen.

Abb.: Mithilfe kurzer Spannungspulse lässt sich die Vibration der Nadelspitze von Rasterkraftmikroskopen manipulieren, um präzisere Kraftmessungen zu erhalten. (Bild: Y. Sugimoto, Osaka Univ.)

Bei zunehmend schwächeren Kräften gerät jedoch auch diese Methode an ihre Grenzen, denn die exakte Kraft zwischen Sensorspitze und Oberfläche lässt sich auf diese Weise nur schwer bestimmen. Das Problem hierbei ist, dass diese Technik nicht den absoluten Betrag der elektrostatischen Kraft bestimmen kann, sondern nur deren Gradienten. Um die absolute Kraft bestimmen zu können, müsste man die Schwingung in größerer Entfernung zur Oberfläche messen, wo das externe Feld verschwindet. Da die zu untersuchende Oberfläche aber gegenüber der feinen Sensorspitze praktisch eine unendlich ausgedehnte Fläche darstellt, ist dies auch bei relativ großem Abstand noch nicht der Fall. Dies stellt eine signifikante Fehlerquelle dar, die rund fünfzig Prozent des Messwertes ausmachen kann.

Ein Team japanischer Forscher hat deshalb nun eine Modifikation dieser Technik entwickelt, die es erlaubt, diesen Fehler deutlich zu minimieren. Die neue Methode von Yoshiaki Sugimoto und Eiichi Inami von der Osaka University besteht darin, die Schwingung der Sensorspitze durch einen kurzen Spannungspuls zu manipulieren. Wenn man diesen Puls genau in dem Augenblick anlegt, in dem sich die Sensorspitze von der Oberfläche wegbewegt, bremst dies die Spitze und erhöht somit die Leistung, die zur Aufrechterhaltung ihrer Oszillation benötigt wird.

Der kinetische Energieverlust der Spitze lässt sich somit gut messen. Zugleich entspricht er der Arbeit, die die Spitze gegenüber dem elektrostatischen Feld leisten muss. Diese Arbeit ergibt sich als Produkt der Kraft des elektrostatischen Feldes und der Distanz, die die Sensorspitze während des Spannungspulses zurücklegt. Aus den Gleichungen, die dieses Verhalten beschreiben, lässt sich die zurückgelegte Strecke der Sensorspitze herauskürzen, wodurch man die elektrostatische Kraft einfach bestimmen kann. Da diese eine der wichtigsten Größen bei solchen Messungen darstellt, könnte diese Technik zu einer deutlichen Verringerung der hierdurch bedingten Messfehler führen.

Sugimoto und Inami haben ihre Methode mit Platin-überzogenen Sensorspitzen über unterschiedlichen Oberflächen aus Silizium, Kupfer und Titanoxid getestet. Die typische Amplitude der Oszillation der Sensorspitze bei ihren Messungen betrug rund zehn Nanometer. Nach ihren Messungen ging die elektrostatische Kraft auch bei relativ großen Abständen von ungefähr 25 Nanometern noch nicht gegen Null. Die Kraftmessungen eigneten sich sogar dazu, die Form der Sensorspitze abzuschätzen. Anhand ihrer Messungen konnten die beiden Wissenschaftler Parameter wie etwa den Radius der Spitze bestimmen.

Die japanischen Wissenschaftler erhoffen sich von ihrer Methode insbesondere für Hochpräzisionsmessungen deutliche Fortschritte. So ist etwa bei der Messung der Gravitationskraft noch unzureichend belegt, ob das quadratische Abstandsgesetz auch auf kleinen Skalen exakt erfüllt ist. Abweichungen von einem quadratischen Verhalten könnten ein Hinweis auf unbekannte Dynamiken oder zusätzliche räumliche Dimensionen sein. Zur Zeit ist aber nicht gut bekannt, ob die Gravitationskraft auch im Submillimeter- bis in den Nanometerbereich quadratisch verhält. Rasterkraftmikroskope könnten hier Aufschluss bringen. Aber auch zur Messung quantenfeldtheoretischer Effekte wie etwa dem Casimir-Effekt könnte sich die neue Methode als hilfreich erweisen.

In einem unabhängigen Kommentar bestätigt Pavel Jelinek von der Tschechischen Akademie der Wissenschaften die Präzision der neuen Methode. Sie ist aber auch nicht ganz ohne ihre eigenen Schwierigkeiten. So weist Jelinek darauf hin, dass es mitunter nicht einfach sein mag, elektrostatische Effekte von anderen Arten des Energieverlusts zu trennen.

Dirk Eidemüller

PH

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