02.05.2013

Auf zu fernen Welten

Die jüngsten Ergebnisse der Exoplanetenforschung stellen die Forscher vor neue Rätsel.

Die Exoplanetenforschung hat in den letzten Jahren so rasante Fortschritte gemacht, dass die Entdeckung einer weiteren fernen Welt nur noch in Ausnahmefällen eine Nachricht wert ist. Umso interessanter werden aber die Statistiken, die Forscher mittlerweile aus den Daten ablesen können. Möglich ist dies durch die große Zahl an Funden, die insbesondere das Weltraumteleskop Kepler in den letzten Jahren gemacht hat. In naher Zukunft dürfte die Zahl bestätigter Exoplaneten die Tausend überschreiten. Von den tausenden Kandidaten dürften erfahrungsgemäß ebenfalls die meisten verifiziert werden.

Abb.: Direkte Aufnahme des Sternensystems Kappa Andromedae (in Falschfarben). Das Licht des Sterns im Zentrum wurde ausgeblendet, da er das gesamte Bild überstrahlt hätte. Der Planet zeichnet sich deutlich als heller Punkt links oben vor dem Hintergrundrauschen ab. (Bild: NAOJ / J. Carson, Coll. Charleston / T. Currie, U. Toronto)

Als effektivste Methoden bei der Exoplanetenjagd haben sich die Transit- und die Radialgeschwindigkeitsmethode etabliert. Bei Transits zieht ein Planet vor seinem Stern vorbei und verdunkelt ihn so für kurze Zeit. Über eine solche Mini-Sonnenfinsternis können Astronomen die Größe des Planeten berechnen, nicht jedoch seine Masse. Bei der Radialgeschwindigkeitsmethode messen Astronomen, ob ein Stern sich aufgrund der Schwerkraft eines Planeten periodisch hin- und herbewegt. Diese Methode wiederum erlaubt die Bestimmung der Masse eines Planeten. Gegenwärtige Instrumente können Radialgeschwindigkeiten eines Sterns um etwa einen Meter pro Sekunde nachweisen. Unsere Erde wäre damit noch nicht sichtbar, sie bewegt die Sonne nur um zehn Zentimeter pro Sekunde. Jupiters Einfluss auf die Sonne wäre hingegen mit zwölf Metern pro Sekunde gut zu messen.

Hubble und irdische Großteleskope konnten einige wenige Exoplaneten sogar direkt ablichten. Diese Methode funktioniert aber nur bei extrem großen und deshalb hellen Planeten, die nicht zu nahe an ihrem Stern liegen. Denn dieser überstrahlt alles in seiner Nähe. Astronomen müssen für solche Aufnahmen das Sonnenlicht möglichst gut ausblenden und den Bildkontrast maximal ausreizen. Vor allem junge Sternensysteme eignen sich für diese Art von Beobachtung, da frisch gebildete Exoplaneten noch sehr heiß sind und deshalb stark im Infraroten strahlen.

Mit heutigen Methoden sind vor allem mittelgroße bis sehr große Planeten nachweisbar, die mit wenigen bis einigen Dutzend Tagen Umlaufzeit eng um ihren Stern kreisen und deshalb zu heiß für mögliches Leben sind. Kommende Teleskope werden diese Grenze immer weiter hinausschieben, so dass immer kleinere und weiter außen liegende Planeten sichtbar werden. Gegenwärtig versuchen Astrophysiker, möglichst viele Exoplaneten ausfindig zu machen, um diese dann genauer untersuchen zu können.

Die Mehrheit der Sternensysteme besitzt mindestens einen Planeten. In Systemen mit mehreren Planeten wiederum bewegen sich diese mehr oder weniger in einer Ebene um ihr Zentralgestirn. Auch in unserem Sonnensystem weichen die Bahnneigungen nur um wenige Grad voneinander ab. Daraus schließen Astronomen, dass Planetensysteme wahrscheinlich grundsätzlich auf eine ähnliche Weise aus einer protoplanetaren Scheibe entstehen.

Dabei bilden sich kleinere Planeten offensichtlich in großer Zahl, wie statistische Untersuchungen zeigen. Gasriesen wie Jupiter sind hingegen vergleichsweise selten, denn ihr Wachstum ist ein Rennen um die Zeit. Solange der junge Stern mit seiner Strahlung noch nicht die protoplanetare Scheibe von leichten Elementen gesäubert hat, kann der Gasriese zunächst einen Gesteinskern und danach eine Gashülle aufbauen. Er hat hierzu nur drei bis fünf Millionen Jahre Zeit. Die Entstehungsrate ist größer, wenn die protoplanetare Scheibe reich an Metallen ist, wie in der Astronomie alle Elemente schwerer als Helium bezeichnet werden. Doppler-Untersuchungen konnten diese Korrelation zwischen Metallizität und Häufigkeit von Gasriesen mittlerweile bestätigen. Sie geht ungefähr proportional zur Wurzel des Eisenanteils, verglichen mit unserer Sonne.

Abb.: Die bewohnbare Zone variiert in Abhängigkeit von der Atmosphäre des Exoplaneten. Der hellblaue Bereich gilt für Stickstoff-Kohlendioxid-Wasserdampf-Atmosphären. Für trockene Planeten erweitert sich die Zone nach innen in den gelben Bereich, für Wasserstoff-reiche Atmosphären bis in den dunkelblauen. (Bild: S. Seager)

Bei kleineren Planeten ist die Entstehung nicht in diesem Maß von der Metallizität des Sternensystems abhängig. Sie bilden sich offensichtlich in den meisten protoplanetaren Scheiben. Nur bei wenigen von ihnen sind allerdings die Bedingungen für weiteres Wachstum hin zu Gasriesen gegeben. Die gegenwärtigen Modelle können die beobachtete Verteilung von Exoplaneten aber nur ungenügend wiedergeben. Leichte Planeten auf engen Bahnen sollten weiter außen an der Eisgrenze entstanden sein, wo die Strahlung des Sterns nicht mehr stark genug ist, so dass Wasser ausfriert. Dann sollten diese Planeten nach innen gewandert sein, was ausgedehnte planetenfreie Bereiche zur Folge haben sollte. Gerade in diesen Zonen finden Teleskope aber eine große Anzahl an Exoplaneten. Andere Modelle, bei denen leichte Planeten sich bereits in Sternnähe bilden und kaum noch migrieren, können diese Häufigkeiten zwar besser erklären, müssen aber von unwahrscheinlich hohen Dichten der protoplanetaren Scheibe in Sternnähe ausgehen.

Bei all den Planeten, die mittlerweile bekannt sind, stechen einige exotische Exemplare besonders ins Auge. Hierzu gehören nicht nur ein Diamantplanet, Planeten in Doppelsternsystemen oder um Pulsare sowie solche, deren Gashülle gerade verdampft. Von besonderem Interesse sind solche Planeten, die flüssiges Wasser enthalten und damit Leben ermöglichen. In einer Analyse verschiedener atmosphärischer Bedingungen stellt Sara Seager vom Massachusetts Institute of Technology fest: „Flüssiges Wasser kann auf sehr viel mehr Typen von Planeten existieren als nur auf erdähnlichen.“

Entscheidend ist dabei die Zusammensetzung der Atmosphäre, die über ihren Treibhauseffekt den Planeten wärmt. Bei trockenen Planeten verschiebt sich die bewohnbare Zone nach innen, denn Wasser ist ein gutes Treibhausgas. Wasserstoff isoliert Planeten ebenfalls vorzüglich, da es breit absorbiert. Wasserstoff könnte den bewohnbaren Radius um ein Mehrfaches dessen erweitern, wozu das Treibhausgas Kohlendioxid in der Lage ist. Sogar auf Nomadenplaneten, die ohne wärmenden Stern durchs All ziehen, könnte flüssiges Wasser existieren, falls sie genug Eigenwärme aus radioaktiven Zerfällen produzieren und eine dicke, isolierende Wasserstoff-Atmosphäre besitzen.

Vor allem die kommende Generation an Teleskopen wird die Suche nach erdähnlichen Planeten in der habitablen Zone befeuern. Die Frage, ob das milliardenteure James-Webb-Weltraumteleskop außerirdisches Leben wird nachweisen können, hängt aber von mehreren Zufallsfaktoren ab, die allesamt glücklich verlaufen müssen. Zunächst benötigen Astronomen einen Pool von Super-Erden, die in der bewohnbaren Zone nahe gelegener, ruhiger und kühler Sterne liegen. Außerdem muss das Leben auf ihnen nachweisbare Biosignatur-Gase in hinreichender Menge erzeugen, die nicht gleich wieder von UV-Strahlung abgebaut werden.

Dass die Entwicklung auch in Zukunft in einer Kombination verschiedener Methoden bestehen wird, lässt sich an den jüngsten Ergebnissen ablesen. Zwei kürzlich gefundene Planeten verdanken ihre Entdeckung dem Zusammenspiel mehrerer Teleskope im All und auf dem Erdboden. Nachdem in den Daten von Kepler zwei Planetenkandidaten namens KOI-200b und KOI-889b auftauchten, untersuchten Astronomen die beiden Objekte genauer mit Hilfe der Spektrographen HARPS-N des italienischen 3,58-Meter-Teleskops auf La Palma und des SOPHIE-Spektrographen des Haute-Provence-Observatoriums in Südfrankreich.

In beiden Fällen konnten sie einen von der Größe her jupiterähnlichen Gasplaneten ausfindig machen, der um einen sonnenähnlichen Stern kreist. Der eine Gasriese ist etwas leichter als Jupiter und benötigt gut sieben Tage für einen Umlauf. Der andere ist zirka zehnmal so schwer wie sein hiesiges Pendant und rotiert in knapp neun Tagen um seinen Stern. Dank der Kombination verschiedener Instrumente und Methoden schätzen die Forscher den Fehler ihrer Ergebnisse auf nur rund zehn Prozent.

Dirk Eidemüller

DE

ContentAd

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe
ANZEIGE

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe

Die HiPace 10 Neo ist ein effizienter, kompakter Allrounder für den Prüfalltag, der geräuscharm und besonders energieeffizient ist.

EnergyViews

EnergyViews
Dossier

EnergyViews

Die neuesten Meldungen zu Energieforschung und -technologie von pro-physik.de und Physik in unserer Zeit.

Meist gelesen

Themen