20.05.2005

Auf zur Sonne

Ein alter Chemiestandort in Sachsen-Anhalt soll zu einem Zentrum der Solarindustrie werden.


 

Ein alter Chemiestandort in Sachsen-Anhalt soll zu einem Zentrum der Solarindustrie werden.

Wolfen (dpa) - Ein alter Chemiestandort hat einen Höhenflug in Richtung Sonne angetreten. Wolfen bei Bitterfeld (Sachsen-Anhalt), wo zu DDR-Zeiten Schornsteine qualmten, soll zu einem Zentrum der Solarindustrie mit tausenden Arbeitsplätzen werden. Die Branche verzeichnet dank hoher Subventionen in Deutschland und steigender Ölpreise bei weltweit wachsendem Energiebedarf Rekordzuwächse. Nach dem erfolgreichen Börsenstart des Solarunternehmens Conergy im März macht sich auch in Wolfen Aufbruchstimmung breit: Zellenhersteller Q-Cells will ebenfalls den Schritt auf das Börsenparkett wagen.

Kaum ein Monat vergeht ohne eine neue frohe Botschaft aus dem Microtechpark in Thalheim-Wolfen. Ein Förderbescheid, eine Grundsteinlegung für eine neue Produktionsanlage, und immer wieder die Ankündigung hunderter neuer Jobs - für das von Arbeitslosigkeit gebeutelte Sachsen-Anhalt mehr als ein Hoffnungsschimmer. Bisher arbeiten rund 500 Menschen auf dem Gelände, die meisten bei der 1999 gegründeten Q-Cells AG. Mit EverQ, einem Joint Venture mit dem US-Unternehmen Evergreen, will Q-Cells weiter wachsen. Nebenan baut der australische Investor CSG Solar ein Werk für Photovoltaik-Module.

«Das ist hier erst der Anfang. In einigen Jahren könnten wir hier auch 5000 Jobs haben», meint Q-Cells-Finanzvorstand Hartmut Schüning. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben der größte Solarzellenhersteller Europas, weltweit produzieren nur die Japaner Sharp und Kyocera mehr. In den vergangenen zwei Jahren hat das Unternehmen seine Umsätze jeweils verdreifacht, der Erlös von 145 Millionen Euro 2004 soll sich in diesem Jahr noch einmal verdoppeln. Die Q-Cells-Mitarbeiter fertigen die blau schimmernden Zellen aus Siliziumwafern für Solarmodule mittlerweile auf vier Anlagen rund um die Uhr. Die Produktion ist bereits bis 2006 verkauft.

Ostdeutsche Gemeinden sind zunehmend beliebte Standorte in der Branche. Die staatliche Förderung macht bei Q-Cells gut 45 Prozent der Investitionskosten aus. Außerdem gibt es Arbeitskräfte mit Erfahrungen im Chemiebereich. Von denen profitiert etwa auch der Bonner Solarkonzern Solarworld, der im Mai seine größte Produktionsstätte im sächsischen Freiberg eröffnet hat. «Wir konnten auf das Know How der Mitarbeiter zurückgreifen», sagt Solarworld- Vorstandssprecher Frank Asbeck. Nicht zuletzt ist das Lohnniveau niedriger als im Westen.

Die Unternehmensvereinigung Solarwirtschaft e.V. sieht Q-Cells als Vorzeigeunternehmen einer boomenden Branche an, die 2005 mit zweistelligen Zuwächsen rechnet. Deutschland ist im Vorjahr mit 100 000 neuen Solarstromanlagen zum weltgrößten Markt aufgestiegen und hat den bisherigen Marktführer Japan überholt. Um den Anschluss nicht zu verlieren und weiter wachsen zu können, will Q-Cells nun an die Börse. «Dieses Jahr vielleicht noch nicht, aber spätestens 2006 oder 2007», sagt Schüning.

Nach Ansicht von Experten ist Eile geboten: «Um bestehen zu können, müssen die Unternehmen ausbauen und erweitern, und zwar so schnell wie möglich, um an dem Boom teilhaben zu können», sagt Theo Kitz, Analyst bei der Münchner Privatbank Merck Finck. Der Höhenflug kann seiner Ansicht nach in Deutschland schnell wieder vorbei sein. Denn Schlüssel für den Boom seien allein die im Januar 2004 vom Gesetzgeber drastisch erhöhten Preise für die Einspeisung von Solarstrom. Bei einem Regierungswechsel 2006 könnte es kräftige Einschnitte geben. «Mit Merkel würden die Stromversorger wieder Gehör finden, und die wollen ein anderes System», sagt Kitz.

Die Solarbranche ist sich indes ihrer Argumente sicher. Energie aus Sonnenstrahlen macht keinen Dreck oder Lärm, hinterlässt keine schwer zu entsorgenden Reststoffe. Im Gegensatz zu Windkraftanlagen stören Solarmodule nicht im Landschaftsbild. «Und wenn Deutschland nicht mitmachen will, haben wir andere Potenziale», sagt Schüning. Der Exportanteil von 31 Prozent soll nach dem Willen des Q-Cells- Vorstandes ohnehin erweitert werden. Immerhin betrachten mehrere EU- Länder das Modell der Einspeiseförderung als nachahmenswert. Nicht zuletzt schafft die Branche Arbeitsplätze, Experten rechnen in diesem Jahr mit bis zu 20 000 neuen Jobs.

Nadine Schwede, dpa

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