10.08.2016

Aufruf aus dem Nahen Osten

Bei der Synchrotronstrahlungsquelle SESAME gibt es den ersten Aufruf für wissenschaftliche Anträge auf Messzeit.

Was lange währt, wird endlich gut. Das trifft auch auf SESAME (Synchrotron Light for Experimental Science and Applications in the Middle East) zu – die erste Synchrotronstrahlungsquelle im Nahen Osten, die seit einigen Jahren unter Schirmherrschaft der UNESCO in Jordanien gebaut wird. Anfang August gab es nun den ersten Aufruf für wissenschaftliche Anträge auf Messzeit. Vermutlich Ende des Jahres wird die Anlage in Betrieb gehen, die wissenschaftlichen Experimente sollen Anfang 2017 starten.

Bereits Ende der 90er-Jahre gab es die Idee zu diesem Projekt, Auslöser war die Stilllegung der Berliner Strahlungsquelle BESSY I, die in Jordanien wieder aufgebaut werden sollte. Um aber Forschung an vorderster Front zu ermöglichen und eine Synchrotronstrahlungsquelle zu ermöglichen, dient BESSY I bei SESAME lediglich als Injektor für das 133 Meter lange Synchrotron, in dem Elektronen auf eine Energie von 2,5 GeV beschleunigt werden. Dieser Hauptring wurde in den letzten Monaten installiert. Neben BESSY I sind weitere gebrauchte Komponenten verbaut, beispielsweise Beschleunigerstrukturen aus Italien.

Noch laufen die Aufbauarbeiten bei SESAME in Jordanien. Nächstes Jahr soll die Anlage in Betrieb gehen. (Bild: CERN)

Die Europäische Kommission hat das Design und den Bau wichtiger neuer Komponenten finanziert, verantwortlich dafür war das CERN. Im Projekt CESSAMag haben CERN-Wissenschaftler das Design der Magnete und ihrer Stromversorgung entwickelt. „Das waren tolle Teams aus erfahrenen, zum Teil pensionierten, und jungen Leuten, die mit den Ingenieuren von SESAME produktiv zusammen gearbeitet haben“, sagt DPG-Präsident Rolf Heuer, der im nächsten Jahr neuer Präsident des SESAME-Councils wird. Hergestellt wurden die Magnete schließlich in Pakistan, Zypern, Spanien und Großbritannien.

Die Experimente sollen zunächst mit zwei Strahlen starten – mit infrarotem Licht und Röntgenlicht. Für 2019 sind zwei weitere Strahlrohre geplant. Das wissenschaftliche Programm deckt Bereiche von Medizin und Biologie über Materialwissenschaften und Physik bis hin zu Gesundheit, Landwirtschaft und Archäologie ab. Der letzte Bereich ist für Jordanien besonders wichtig. Für die Wissenschaftler aus aller Welt – unabhängig von Herkunft und Kultur – soll auf dem Gelände von SESAME ein Wohngebäude entstehen.

SESAME soll aber nicht nur der Wissenschaft dienen, sondern – nach dem Vorbild des CERN – zur Völkerverständigung beitragen. Beteiligt an dem Projekt sind Bahrain, Zypern, Ägypten, Iran, Israel, Jordanien, Pakistan, Palästina und die Türkei. „Auf diesem diplomatischen Parkett kommt Zypern eine große Rolle zu, weil es das einzige Mitgliedsland ist, mit dem alle anderen reden“, erläutert Rolf Heuer, für den SESAME eine wichtige Brückenfunktion zwischen den Kulturen einnimmt: „Das Projekt soll zeigen, dass es möglich ist, über die Kulturen hinweg gemeinsam wissenschaftlich zu arbeiten.“

Maike Pfalz

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