12.10.2005

Aufschwung erwartet

Die deutsche Wirtschaft hat sich nach Einschätzung von Experten seit Sommer deutlich belebt und wird noch mehr Fahrt aufnehmen.


Frankfurt/Berlin/München (dpa) - Die deutsche Wirtschaft hat sich nach Einschätzung von Experten seit Sommer deutlich belebt und wird im nächsten Jahr noch mehr Fahrt aufnehmen. Der boomende Export und der sich belebende Konsum dürften das Wirtschaftswachstum 2006 auf 1,7 Prozent beschleunigen - nach 1,0 Prozent in diesem Jahr, heißt es im Ausblick der Dresdner Bank am Dienstag in Frankfurt. Nach der Stagnation im Frühjahr sei die Wirtschaft im Sommer bereits wieder deutlich um 0,5 Prozent gegenüber dem Vorquartal gewachsen, berichtete das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Die wirtschaftliche Lage im deutschen Mittelstand habe sich aufgehellt, ergab zudem die Herbstumfrage der Wirtschaftsauskunftei Creditreform.

«Für Deutschland ist wieder Zuversicht erlaubt», sagte der Chefvolkswirt der Dresdner Bank/Allianz-Gruppe, Michael Heise. «Die Chancen, dass Deutschland aus der Schlusslicht-Position in Europa heraus kommt, sind so groß wie schon lange nicht mehr.» Die Reformen am Arbeitsmarkt und im Unternehmenssektor würden erste Früchte tragen. Die große Koalition könne diese Entwicklung mit Reformen beschleunigen. Insgesamt stößt die geplante große Koalition bei Wirtschaftsverbänden aber auf ein geteiltes Echo. Die Branchenvertreter befürchten Hindernisse für Reformen und zu viele Kompromisse bei Sachthemen.

Der Mittelstand forderte am Dienstag von einer neuen Regierung den Abbau von Bürokratie, mehr unternehmerische Freiheit und eine bessere Schulbildung für künftige Auszubildende. Eine große Koalition könnte sich laut Dresdner Bank auf Reformen bei der Steuerpolitik, auf die Umsetzung des Job-Gipfels, niedrigere Beiträge zur Arbeitslosenversicherung und eine Lockerung des Kündigungsschutzes einigen. «Wenn die Regierung in diesen Bereichen Reformen durchsetzt, ist Deutschland gut vorangekommen», sagte Heise.

Amerikanische Investoren sehen in der großen Koalition eine Chance zur Fortsetzung des Reformkurses in Deutschland. Die hier zu Lande engagierten US-Firmen blickten nach der Einigung auf Koalitionsverhandlungen optimistisch in die Zukunft, sagte der Präsident der Amerikanischen Handelskammer (AmCham) in Deutschland, Fred Irwin.

Getragen wird der Aufschwung laut Dresdner Bank von den starken Exporten und erstmals wieder von den privaten Konsumausgaben, für die die Bank 2006 einen Zuwachs von 1,0 Prozent vorhersagt. Da die verfügbaren Einkommen steigen und neue Stellen entstehen würden, könnten die Menschen wieder mehr konsumieren. Laut Prognose werden die Unternehmen im nächsten Jahr verstärkt investieren und mehr als 300 000 neue Jobs schaffen, davon zwei Drittel im Niedriglohnsektor.

Laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat ein Produktionsanstieg der Industrie und im Bauhauptgewerbe die Beschleunigung des Wachstums von Juli bis September gestützt. Im zweiten Quartal hatte die Wirtschaft noch stagniert nach plus 0,8 Prozent im ersten Quartal. Für das gesamte Jahr erwarten die meisten Wirtschaftsforschungsinstitute zwischen 0,9 und 1,1 Prozent Wachstum. Als Konjunktur-Risiken gelten die hohen Ölpreise und die weltwirtschaftliche Entwicklung.

Die wirtschaftliche Lage im deutschen Mittelstand hat sich nach Angaben von Creditreform verbessert. Fast ein Drittel der kleinen und mittleren Unternehmen beurteile die gegenwärtige Situation als gut oder sehr gut, hieß es in München. Mehr Unternehmen als noch im Vorjahr machten sich Hoffnungen auf Umsatzzuwächse. Die Investitionsbereitschaft kehre allmählich zurück. Die Zahl der Unternehmenspleiten sinke leicht, Entwarnung könne aber nicht gegeben werden, sagte Creditreform-Vorstandsmitglied Helmut Rödl: «Die Lage im Herbst 2005 ist auch von Unsicherheit geprägt.»

Rund 38 000 Firmen müssten in diesem Jahr voraussichtlich den Gang zum Insolvenzrichter antreten, das wären rund 1300 weniger als 2004. Der Zenit aus dem Jahr 2003 mit knapp 39 500 Pleiten scheine überschritten zu sein. Der verhaltene Optimismus der Unternehmen wirke sich auch auf die Beschäftigtenzahlen aus. Hier sei die Situation so gut wie seit fünf Jahren nicht mehr, sagte Rödl. Per saldo hätten die Betriebe im ersten Halbjahr rund 30 000 Stellen mehr geschaffen als abgebaut. «Dies ist vor allem der Zunahme der Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor zu verdanken.»

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