Aufstieg und Niedergang
Wie steht es mit den wissenschaftlichen Publikationen in Brasilien, Russland, Indien und China?
Physik Journal – Wie steht es mit den wissenschaftlichen Publikationen in Brasilien, Russland, Indien und China?
Mondmissionen, Satellitenstarts, Exporte in der Biotechnologie oder Erfolge in der Hochenergiephysik – die Wissenschaft in den sog. BRIC-Ländern (Brasilien, Russland, Indien, China) ist vielseitig. Allen diesen Ländern wird ein großes wirtschaftliches Potenzial zugeschrieben. Aber wie steht es dort mit der Wissenschaft? In einer Serie von Studien wertete Thomson Reuters seit letztem Sommer die Anzahl der wissenschaftlichen Publikationen aus diesen Ländern aus. Im Januar erschien nun mit dem Teil zu Russland der letzte Bericht.
Dabei zeigt sich ein sehr heterogenes Bild. Der Spitzenreiter China setzte sich durch einen enormen Zuwachs bei den Publikationen innerhalb der letzten zehn Jahre deutlich von den anderen drei Ländern ab. Die Zahl der wissenschaftlichen Publikationen pro Jahr hat sich dort zwischen 1999 und 2008 fast versechsfacht, von 20 000 auf 112 000. Damit hat China alle Länder außer den USA, die 340 000 Publikationen 2008 vorweisen konnten, überholt. Die Schwerpunkte liegen besonders in den Materialwissenschaften sowie in Chemie und Physik. In all diesen Bereichen ist Chinas Anteil an den weltweiten wissenschaftlichen Publikationen in den letzten Jahren deutlich gestiegen und lag zwischen 2004 und 2008 bei 21, 17 und 14 Prozent. Innerhalb der Physik sticht besonders die „Multidisziplinäre Physik“ mit 22 Prozent hervor. Die wichtigsten wissenschaftlichen Partner gemessen an der Anzahl der gemeinsamen Publikationen sind die USA und Japan.
Auch Indien und Brasilien haben laut den Berichten in den vergangenen Jahren ein bemerkenswertes Wachstum hingelegt. Indiens Schwerpunkte liegen in der Chemie und der Agrarwissenschaft, wo das Land jeweils einen Anteil von knapp sechs Prozent an den weltweiten Veröffentlichungen hat. Betrachtet man jedoch die absolute Zahl der Veröffentlichungen, liegt die Physik an zweiter Stelle hinter der Chemie. In Brasilien ist die Physik die Disziplin mit den zahlenmäßig meisten Publikationen. Ihr Anteil an den weltweiten Publikationen beträgt jedoch nur 2,1 Prozent (Tab.).
In Russland zeigt sich dagegen ein anderes Bild. Dort ist die Zahl der Publikationen seit 1994 zurückgegangen. Zwar steigt sie seit 2006 wieder an, hatte aber mit 27 600 Publikationen im Jahr 2008 noch nicht den Stand von 1994 erreicht. Traditionell ist Russland stark in der Physik (besonders in der Atom- und Teilchenphysik) sowie der Raumfahrt vertreten. In diesen beiden Bereichen beträgt der Anteil Russlands an den weltweiten Publikationen immerhin 7,4 bzw. 6,9 Prozent, dieser Anteil ist im Vergleich zu den Jahren 1999 bis 2003 allerdings gesunken – ein Trend, der sich über alle naturwissenschaftlichen Bereiche hinwegzieht. Einzige Ausnahme sind die Neuro- und Verhaltenswissenschaften. Neben den USA ist Deutschland einer der wichtigsten Partner Russlands. Insbesondere mit der Max-Planck-Gesellschaft gab es viele gemeinsame Publikationen. Diese internationalen Kooperationen werden auch zukünftig wichtig sein, um Russlands Rolle in der Wissenschaft wieder zu stärken.
Anja Hauck
Quelle: Physik Journal, März 2010, S. 17
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