Aufweichung der EU-Klimaziele?
Trotz der jüngsten Warnmeldungen über den fortschreitenden Klimawandel befürchtet die Öko-Branche eine Aufweichung energiepolitischer Ziele in der Europäischen Union.
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Berlin (dpa) - Trotz der jüngsten Warnmeldungen über den fortschreitenden Klimawandel befürchtet die Öko-Branche eine Aufweichung energiepolitischer Ziele in der Europäischen Union. Die Vorwürfe des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) richten sich vor allem gegen das Bundeswirtschaftsministerium und den deutschen Industriekommissar Günter Verheugen. Sie seien nach Brüsseler Informationen - neben Frankreich - wie beim kürzlich geschlossenen Deal um Autoabgasnormen daran beteiligt, sagte BEE-Geschäftsführer Milan Nitzschke am Freitag in einem dpa-Gespräch in Berlin. «Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist auch als EU-Ratspräsidentin gefordert, endlich die Bremsen zu lösen.»
Erst vor kurzem habe die Kommission als Mindestziel 20 Prozent Anteil erneuerbarer Energien am EU-weiten Energieverbrauch angekündigt. «Inzwischen scheint festzustehen, dass dieses Ziel allenfalls als Richtschnur ausgegeben wird, aber keine bindende Wirkung haben soll», sagte Nitzschke. In den neuesten Dokumenten werde sogar die Zielmarke von 20 Prozent für den Ausbau von «Bioenergie und Co.» in Frage gestellt. «Zentrale Projekte wie die Richtlinie für Wärme und Kälte aus erneuerbaren Energien sind ebenfalls auf Eis gelegt. Es ist bitter mit anzusehen, wie sich die nationale und internationale Politik angesichts der Warnmeldungen von Klimaforschern und Ökonomen in heillose Debatten flüchtet, statt konkrete Maßnahmen zu ergreifen.»
Die Lösung sei einfach: «Ein stabiler Rahmen für den Ausbau erneuerbarer Energien und endlich klare Vorgaben für mehr Energie- Effizienz.» Allein in Deutschland könnte der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 auf über 20 Prozent und bis 2050 auf über 50 Prozent des gesamten Verbrauchs an Strom, Wärme und Kraftstoffen gesteigert werden, sagte der Ökoenergie-Manager. «Damit erreichen wir die zur Abwendung der Klimakatastrophe notwendigen Ziele des Abbaus schädlicher Treibhausgase.» Aktuelle Bemühungen in Teilen der Wirtschaft, den Atomausstieg aufzuhalten und damit den Vormarsch der «Erneuerbaren» zu blockieren, seien unverantwortlich. So hatte die Atomlobby am Vortag den «Ausstieg aus dem Atomausstieg» mit Hinweis auf den angeblich unzureichenden Öko-Stromausgleich propagiert, dem das Bundesumweltministerium jedoch widersprach.
Weltweit betrage der Anteil der Kernkraft am Endenergieverbrauch gerade einmal 2,5 Prozent, sagte Nitzschke. Bei erneuerbaren Energien habe er vor allem Dank der Bioenergie schon heute einen Anteil am globalen Energieverbrauch von 19 Prozent erreicht. «Reine Ablenkungsmanöver» seien - neben der Kernenergie - häufige Hinweise auf Wasserstoffautos und angeblich CO2-freie Kohlekraftwerke. Selbst die Hersteller dieser Kohle-Technologie räumten inzwischen ein, dass sie - «wenn überhaupt» - frühestens im Jahr 2020 einsetzbar wäre. Das aber käme für das Klima und die Energie-Versorgung «zu spät» und würde viel zu teuer.
In Deutschland sei es gelungen, den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung innerhalb von 10 Jahren auf etwa 12 Prozent zu verdreifachen. «Inzwischen erzeugen Wind, Wasser, Bioenergie, Solarenergie und Erdwärme in Deutschland genug Strom, um damit beispielsweise den gesamten Verbrauch von Belgien oder Tschechien zu decken. Das jährliche Wachstum der Ökoenergien sei rasant. Nitzschke: «Wer jetzt noch davon spricht, erneuerbare Energien benötigten Zeit, liegt völlig neben der Spur. Es müssen jetzt nur die Weichen richtig gestellt werden.»
Weitere Infos:
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Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE):
http://www.bee-ev.de