11.01.2019

Beinahe harmonisch

Neuartige Quanteninterferenz in atomar dünnen Halbleitern entdeckt.

Nicht nur bei Orgelpfeifen, sondern auch bei Lichtwellen lässt sich die Erzeugung von Ober­tönen bei der Wechsel­wirkung mit Materie beobachten. Wie eine Forscher­gruppe der Universität Regens­burg nun gezeigt hat, führt ein außer­gewöhnlicher Effekt der Quanten­mechanik jedoch dazu, dass diese Schwingung bei genau der doppelten Frequenz unter­drückt wird – statt­dessen „erklingt“ der Oberton bei etwas niedrigeren und etwas höheren Frequenzen. Musikalisch betrachtet würde ein Grund­ton C nicht mit seiner Oktave c ertönen, sondern mit den zwei benach­barten Tönen H und cis. Die Oktave selbst wird durch die „elektro­magnetisch induzierte Transparenz“ unterdrückt. Der erst­malige Nachweis dieser Transparenz in Halb­leiter-Nano­strukturen verspricht die Entwicklung neu­artiger Laser­quellen sowie Bau­elementen für die optische Verarbeitung von Quanten­informationen.

Abb.: Ein infraroter Laser­impuls bestrahlt eine Lage eines...
Abb.: Ein infraroter Laser­impuls bestrahlt eine Lage eines Wolfram­diselenid-Halb­leiters. Dabei lässt sich ein gestreuter Lichtpuls bei doppelter Frequenz im blauen Spektral­bereich beobachten. (Bild: S. Bange / U. Regensburg)

Wolframdiselenid ist bekannt für seinen schicht­artigen Aufbau. Diese Eigen­schaft macht das Material ebenso wie Graphit zu einem guten Trocken­schmier­stoff. Die schwache Bindung einzelner Kristall­lagen ermöglicht ihre einfache Trennung durch Abziehen mittels Klebe­band – eine Technik, die Andre Geim und Konstantin Novoselov zum ersten Mal für Graphit verwendet haben, und die für ihre Experimente an einzelnen Graphit­lagen, dem Graphen, bereits 2010 mit dem Physik-Nobel­preis aus­gezeichnet wurden.

Im Gegensatz zu Graphen sind einzelne Lagen des Wolfram­diselenids jedoch Halb­leiter, die besonders stark mit Licht wechsel­wirken. Dies macht sie für eine ganze Reihe von opto­elektronischen Anwendungen interessant, sodass sie zurzeit im Fokus vieler inter­nationaler Forschungs­gruppen stehen. Wird eine solche Kristall­lage nun mit Laser­licht bestrahlt, so können die Elektronen im Material entsprechend Energie aus dem Lichtfeld aufnehmen. Finden sich im Material nun mindestens drei passende Elektronen­energien, so können sich die zugehörigen Schwingungen ähnlich wie Wasser­wellen überlagern und gegen­seitig verstärken oder auslöschen, man sieht hier Quanten­interferenz. Diese lässt sich im Experiment durch die auftretende gestreute Strahlung nach­weisen. Hierfür wird das Farb­spektrum der von der Ober­fläche zurück­gestreuten Strahlung durch das Auf­fächern, zum Beispiel mittels eines Prismas, auf fehlende Farb­komponenten unter­sucht – bei genau der doppelten Frequenz des ein­gestrahlten Lichts fehlt dann eine Farbe im Spektrum.

Die Beobachtung ist für derart dünne Material­systeme bisher einzig­artig und ermöglicht die Über­tragung der aus atomaren Gasen bekannten Quanten­phänomene auf ultra­dünne Material­systeme. Die starke Licht-Materie-Wechsel­wirkung in diesen „künstlichen Atomen“ könnte in Zukunft die Entwicklung neu­artiger Ober­flächen­laser ermöglichen, die ohne die sonst notwendige hohe Dichte angeregter Elektronen­zustände auskommen. Sie eröffnet auch neue Perspektiven für die Modifikation der elektronischen Eigen­schaften von Fest­körper­nano­strukturen mit Hilfe von Licht­feldern.

U. Regensburg / DE

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