Beschleunigungsmesser mit optomechanischen Kristallen
Hohe Messgenauigkeit durch Kopplung mechanischer und elektromagnetischer Schwingungen auf einem Chip.
Beschleunigungsmesser findet man in zahlreichen Geräten – vom Sensor für den Airbag bis zum Smartphone. In den dabei eingesetzten mikroelektromagnetischen Systemen führt die beschleunigungsbedingte Auslenkung einer kleinen Testmasse zur Änderung einer elektrischen Kapazität, aus der die Beschleunigung elektronisch ermittelt wird. Ein genaueres Verfahren zur Beschleunigungsmessung, das auf der Kopplung von mechanischen und elektromagnetischen Schwingungen beruht, haben jetzt Forscher am Caltech entwickelt.
Abb.: Der optomechanische Resonator besteht aus zwei nebeneinanderliegenden Leiterstrukturen (oben links), deren eine mit der Testmasse (unten) verbunden ist, die an Nanodrähten aufgehängt ist. Oben rechts ist die Funktionsweise der fundamentalen mechanischen Mode skizziert. (Bild: A. G. Krause et al. / NPG)
Oskar Painter und seine Mitarbeiter haben optomechanische Kristalle hergestellt, in denen optische und mechanische Oszillationen ungewöhnlich stark miteinander wechselwirken. Die mechanischen Deformationen der schwingenden leiterförmigen Strukturen aus Silizium führen dazu, dass sich ihre optischen Eigenschaften ändern. Umgekehrt wirken die Lichtwellen in den optomechanischen Kristallen auf deren mechanische Schwingungen ein. Dadurch konnten Painter und seine Kollegen diese mechanischen Oszillatoren in ihren quantenmechanischen Grundzustand kühlen.
Diese früheren Experimente zeigten, dass man mit optomechanischen Kristallen Messungen durchführen kann, deren Genauigkeit sehr groß ist und unter geeigneten Bedingungen die von der Quantenmechanik gezogenen Grenzen erreicht. Das gilt auch für den optomechanischen Beschleunigungsmesser auf einem Chip, den Painter und seine Mitarbeiter jetzt vorgestellt haben. Sein Herzstück besteht aus zwei etwa 25 µm langen und 1 µm breiten leiterförmigen photonischen Kristallen aus Siliziumnitrid, die dicht nebeneinander liegen und einen optischen Resonator bilden.
Während die eine Leiter an der Unterlage des Chips befestigt ist, ist die andere Leiter mit einer an Nanodrähten aufgehängten Testmasse verbunden. Wird der Chip beschleunigt, so wird die Testmasse ausgelenkt und beginnt zu schwingen. Dabei bewegen sich die beiden Leiterstrukturen gegeneinander, wodurch sich ihre optische Kopplung verändert und mit ihr die Eigenschaften des optischen Resonators. Der Chip enthielt zahlreiche solcher optomechanischer Strukturen mit unterschiedlichen Testmassen von 10-10 bis 3,5 × 10-8 Gramm. So konnte die für den Beschleunigungsmesser optimale Testmasse ermittelt werden.
Die Forscher versetzten den Chip mit einem Piezokristall in Schwingungen mit einer Frequenz von 26 kHz, wobei sie die auftretenden Beschleunigungen mit einem herkömmlichen Beschleunigungsmesser bestimmten. Mit einem schmalbandigen Laser, dessen Frequenz rotverstimmt gegen die Resonanzfrequenz des optischen Resonators war, wurde der Resonator über eine Glasfaser angeregt. Mit einer Photodiode wurde die zeitabhängige Intensität der vom optischen Resonator durchgelassenen Laserstrahlung gemessen und daraus das Powerspektrum des Signals im Bereich von 0 bis 30 kHz ermittelt.
Unterhalb von 5 kHz verursachten die an den optischen Resonator angeschlossenen Glasfasern Störungen des Signals, oberhalb von 25 kHz machte sich das thermische Rauschen des mechanischen Oszillators störend bemerkbar. Doch zwischen 5 und 25 kHz begrenzte nur das photonische Schrotrauschen des Lasers das aufgenommene Signal. So konnte aus dem Signal mit einer Bandbreite von mehr als 20 kHz die Beschleunigung des Chips mit einer Auflösung von 10 µg/√Hz bestimmt werden (hier ist g die Erdbeschleunigung). Damit war dieser optomechanische Beschleunigungsmesser in seiner Leistung schon den besten kommerziellen Beschleunigungsmessern vergleichbar.
Es gibt aber noch erheblich Verbesserungsmöglichkeiten. So kann der mechanische Resonator mit Licht gekühlt werden, wodurch sich sein thermisches Rauschen verringern ließe. Außerdem ließe sich der optomechanische Beschleunigungsmesser zusammen mit einer Laserdiode kompakt auf einem Mikrochip unterbringen, was bei den herkömmlichen optischen Beschleunigungsmessern nicht möglich ist.
Rainer Scharf
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