13.05.2011

Bessere Kontrolle von Netzwerken

Neue Analyse könnte zu stabileren Stromnetzen, effizienteren Arznei-Therapien und Marketingkampagnen führen.

Bessere Kontrolle von Netzwerken

Neue Analyse könnte zu stabileren Stromnetzen, effizienteren Arznei-Therapien und Marketingkampagnen führen.

 Vom Stromnetz über Schafherden und zellbiologische Prozesse bis zur Facebook-Plattform: Komplexe und dynamische Netzwerke finden sich in vielen Bereich des täglichen Lebens. Doch wie lassen sie sich möglichst effizient kontrollieren? Diese Frage stellten sich nun amerikanische Wissenschaftler und entwickelten ein mathematisches System, um die wichtigen Kontrollparameter für verschiedene Netzwerke zu identifizieren. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass es erstaunlich einfach ist, soziale Netzwerke wie Facebook zu beeinflussen. Sehr viel schwieriger gestaltete sich dagegen die Kontrolle von biologischen Systemen wie beispielsweise der genetischen Regulation von Hefezellen.

"Zerstreute, inhomogene Netzwerke sind am schwierigsten zu kontrollieren", berichten Albert-Lászlò Barabási und seine Kollegen von der Northeastern University in Boston und vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge. Zu diesem Ergebnis führte sie ein eigens entwickelter Computer-Algorithmus, mit dem sich das Verhalten eines beliebigen Netzwerks analysieren ließ. Ein zentrales Ziel war dabei, herauszufinden, wie viele und welche Netzwerkknoten mit einer Information gespeist werden müssten, um diese auf das gesamte Netzwerk übertragen zu können. Diese Information kann entweder eine politische Meinung in sozialen Netzwerken, ein biologisches Signal in Zellen oder eine Richtungsänderungen in einem Schwarm von Zugvögeln sein.

Zuerst erwarteten die Forscher, dass es am effizientesten sei, die Netzwerkknoten mit den meisten Verknüpfungen zu anderen Netzwerkteilnehmern zu steuern. Doch zu ihrer Überraschung zeigte der Algorithmus, dass dies nicht die beste Strategie ist. Effizienter zeigte sich eine geschickte Wahl von Netzwerkknoten, die über das gesamte System verteilt waren – ganz unabhängig von der Anzahl ihrer jeweiligen Verknüpfungen. So spielt offenbar die Struktur eines Netzwerkes eine entscheidende Rolle für dessen Kontrollierbarkeit.


Abb.: Ein neuer Computer-Algorithmus analysiert die Kontrollierbarkeit von Netzwerken. Durch die Steuerung der roten Netzwerkknoten kann das gesamte System kontrolliert werden. (Bild: Mauro Martino, MIT)

Soziale Netzwerke im Internet ließen sich wegen ihres relativ homogenen Aufbaus überraschend einfach kontrollieren. Nur 20 Prozent der Teilnehmer müssten demnach mit einer Information versorgt werden, um diese über das gesamte Netzwerk zu verbreiten. Dieses Ergebnis könnte auf großes Interesse bei Marketingexperten stoßen, die entweder bestimmte Produkte oder politische Meinungen bei möglichst vielen Menschen propagieren wollen.

Sehr viel schwieriger dagegen zeigte sich die Kontrolle von biologischen Prozessen. Am Beispiel der genetischen Regulation von Hefezellen erkannten Barabási und seine Kollegen, dass bis zu 80 Prozent aller Netzwerkknoten gesteuert werden müssten, um das gesamte System kontrollieren zu können. Die Ursache dafür sehen die Forscher in der inhomogenen Struktur des biologischen Systems. Relativ starre, technische Netzwerke wie beispielsweise das Stromnetz lassen sich dagegen durch die Steuerung relativ weniger Netzknoten vollständig kontrollieren.

Auch wenn es sich bei dieser Arbeit um reine Netzwerksimulationen im Computer handelt, könnten die Ergebnisse viele praktische Anwendungen nach sich ziehen. Betreiber von Strom- oder Kommunikationsnetzen könnten leichter die anfälligsten Netzknoten identifizieren, um diese für ein stabileres Netzwerk zu verbessern. Die Forscher selbst wollen sich verstärkt den schwer kontrollierbaren biologischen Systemen widmen. Hier lockt ein besseres Verständnis von Stoffwechselprozessen oder der Wirksamkeit von gezielt verabreichten Arzneien. Denn bei einer Infektion beispielsweise bilden die krankheitsverursachenden Bakterien ebenfalls ein dynamischen Netzwerk. Lassen sich hier die wichtigsten Netzwerkknoten identifizieren, wären die besten Angriffspunkte für Antibiotika gefunden.

  

Jan Oliver Löfken

 

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