01.02.2017

Bessere Simulation von Energiespeichern

Verfahren ermöglicht präzise Nachbildung der Beschaffenheit einer Kohlenstoff-Elektrode.

Die Energiespeicherung ist der Gordische Knoten, der einer nach­haltigen Nutzung erneuer­baren Energien noch die Luft abschnürt. Aus Sonne, Wind und Wasser ließe sich mehr als genug Energie gewinnen. Aber wenn keine Sonne scheint und kein Wind weht, ist oft nicht genug Reserve vor­handen, um den Energie­bedarf zu decken. Ein Grund dafür sind die Speicher­medien. Gängige Akkus, etwa auf Lithium-Ionen-Techno­logie basierend, brauchen zu lange zum Be- und Entladen, um über­schüssige Energie schnell auf­nehmen und wieder abgeben zu können.

Abb.: Der Kohlenstoffwürfel mit seinen unregel­mäßigen Poren und den gela­denen Ionen ist eine exakte Wieder­gabe einer natür­lichen Kohlen­stoff­probe, die die Forscher mit Röntgen­strahlen durch­leuchtet haben. (Bild: Bell­häuser, INM)

Das Schwert, das diesen Gordischen Knoten zerschlagen könnte, sind Doppel­schicht-Konden­sa­toren, auch Super­capa­citors oder kurz Super­caps genannt. Die in solchen Systemen verwen­deten Kohlen­stoff-Elek­troden können Strom viel schneller speichern und abgeben als herkömm­liche Akkus. Sie haben aber einen entschei­denden Nach­teil: Schaut man sich zwei gleich große Energie­speicher an, eine herkömm­liche Batterie und einen Supercap, kann letz­terer kaum zehn Prozent der Energie speichern, die in der Batterie Platz findet.

Das Problem liegt in der Beschaffenheit des Kohlenstoffs, aus dem der Supercap besteht. Die elek­trische Energie wird in Form von ange­la­gerten Ionen gespei­chert, und zwar in den Poren, die den Kohlen­stoff durch­ziehen. Wie und wo sich die gela­denen Ionen genau darin ver­teilen, konnten Forscher bisher nur unzu­rei­chend vorher­sagen. Dabei ist die Frage ihrer Vertei­lung für die Effi­zienz der Energie­spei­cherung elementar. Denn je besser die verfüg­bare Ober­fläche genutzt werden kann, desto mehr Ionen passen in eine Kohlen­stoff-Elek­trode.

Computersimulationen beruhen aufgrund der Komplexität poröser Kohlen­stoff­materi­alien bisher auf Modellen, in denen die Poren ideali­siert sind. Mit dem Aufbau eines echten Stücks Kohlen­stoff hat die ideali­sierte Dar­stel­lung kaum etwas gemein­sam. „Das führte dazu, dass es bisher kaum Arbeiten auf Grund­lage realer Materi­alien gibt“, erklärt Volker Presser von der Uni des Saar­landes und Leiter eines Programm­bereichs am Leibniz-Institut für neue Materi­alien in Saar­brücken.

Die Entwicklung neuer, effizienterer Supercap-Energiespeicher ist daher mühsam und lang­wierig und mit auf­wän­digen Experi­menten ver­bunden. Ein Team aus Material­wissen­schaftlern, Chemikern und Physikern der Saar-Uni, der Montan­univer­sität Leoben, der Uni Wien und der TU Graz hat jetzt jedoch einen Weg gefunden, die Simu­la­tion erheb­lich zu verein­fachen und eine leis­tungs­starke Methode ent­wickelt, um neue Materi­alien am Computer zu simu­lieren, deren Aufbau dem echter Kohlen­stoffe ent­spricht.

Dabei konnten die Forscher eine grundlegende Erkenntnis gewinnen: Die Ionen drängen sich immer in die Poren, in die sie gerade noch hinein­passen. Außer­dem streifen die Ionen Teile ihrer Solvat­hülle ab. Das sind zum Beispiel Wasser­moleküle, die den Ionen, die in einer wäss­rigen Lösung schwimmen, fest anhaften. Künftig könnte es dank dieser Erkennt­nisse gelingen, neue, effi­zi­entere Materi­alien zu ent­werfen ohne auf­wän­dige Labor­versuche durch­führen zu müssen. „Das verein­facht unsere Forschung unge­mein und ermög­licht es, auch opti­mierte Struk­turen zu unter­suchen, die wir noch gar nicht im Labor her­stellen können“, so Presser.

Um zu ihren bahnbrechenden Erkenntnissen zu gelangen, durch­leuch­teten die Forscher drei Kohlen­stoff-Elek­troden mit Röntgen­strahlung und errech­neten auf der Grund­lage des erhal­tenen Signals detail­getreue Computer-Nach­bil­dungen mit jeweils 16 Nano­meter Kanten­länge und exak­ter Position der Poren. Diese Kanten­länge reichte aus, um eine charak­teris­tische Elek­trode mit all ihren Eigen­schaften nach­zu­bilden. Dadurch war es den Forschern auch möglich, die exakte Vertei­lung und das Ver­halten der Ionen vorher­zu­sagen. Bis aus ihren Erkennt­nissen tatsäch­lich eine nutz­bare Techno­logie ent­stehen kann, wird es aber noch viele Jahre dauern.

UdS / RK

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