Hochspannungsschalter für bidirektionales Laden
Monolithisches Modul mit einer Sperrspannung von 1200 Volt basiert auf GaN-on-Insulator-Technologie.
Technologische Innovationen in der Leistungselektronik sind nicht nur eine wesentliche Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende, sie unterstützen auch nachhaltig die wirtschaftliche Entwicklung in Europa. Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF entwickelt leistungselektronische Bauelemente auf Basis des Wide-Bandgap-Verbindungshalbleiters Galliumnitrid (GaN). Zuletzt hat das Institut signifikante Fortschritte bei Hochvolt- und Niedervolt-Bauelementen erzielt: Nun präsentieren Forschende einen hochintegrierten bidirektionalen Schalter (MBDS) mit einer Sperrspannung von 1200 Volt. Außerdem stellen sie die Verwendung eines konventionellen GaN-Transistors mit einem Gate-Kontakt als bidirektionalen Schalter in einem 3-Level-T-Type-Wandler vor.

„Geopolitische Herausforderungen wie die aktuellen Zollkonflikte sind eine Chance für die europäischen Volkswirtschaften, in den Schlüsselbereichen Energieerzeugung und Mobilität durch eigene Lösungen in der Leistungselektronik technologische Vorteile zu erzielen“, sagt Achim Lösch vom Fraunhofer IAF. „Der Mehrwert innovativer Leistungselektronik liegt auf der Hand: Gleichzeitig mehr Leistung, bessere Effizienz und höherer Kompaktheit zu erreichen, bringt die relevanten Zukunftstechnologien nach vorne: E-Autos laden schneller und Energie aus erneuerbaren Quellen kann effizienter gewandelt und gespeichert werden. Am Fraunhofer IAF arbeiten wir intensiv daran, durch innovative GaN-basierte Bauelemente positive Impulse in diesen wichtigen Bereichen zu setzen“, sagt er.
Forschende des Fraunhofer IAF haben einen für die Spannungsklasse von 1200 Volt geeigneten GaN-MBDS mit integrierten Freilauf-Dioden entwickelt und erfolgreich in die eigene GaN-Technologie integriert. Für die Herstellung nutzten die Forschenden die neue GaN-on-Insulator-Technologie des Fraunhofer IAF: Hochisolierendes Material wie Siliziumcarbid (SiC) und Saphir wird als Trägersubstrat des GaN-Leistungshalbleiters genutzt, um die Isolation zwischen den Bauelementen zu verbessern und die Durchbruchspannung zu erhöhen.
Der MBDS sperrt Spannung und leitet Strom in zwei Richtungen, was sowohl Chipfläche spart als auch Leitverluste reduziert, da es nur eine geteilte Verarmungszone gibt. Zum Einsatz kommen kann der GaN-MBDS in netzgeführten Gleich- und Wechselrichtern für die Energieerzeugung und -speicherung sowie in elektrischen Antriebsystemen. In diesen Anwendungen ermöglicht er die Entwicklung von Systemen im Hochvoltbereich der 1200-Volt-Klasse. An Elektrofahrzeugen in dieser Spannungsklasse arbeiten Entwickler intensiv, da steigende Sperrspannungen mit deutlichen Vorteilen in der Alltagstauglichkeit einhergehen: Die Ladeleistung steigt und die Energieverluste im Betrieb sinken infolge geringerer Widerstände. Aktuell dominieren E-Autos mit 400 Volt den Markt, die 800-Volt-Technik gewinnt zunehmend Anteile. Der Sprung auf 1200 Volt wirkt sich positiv auf die Langstreckentauglichkeit von E-Autos und den Nutzwert elektrischer Lastkraftwagen aus.
Auch bei Sperrspannungen bis 48 Volt hat das institut Fortschritte im Bereich der Multi-Level-Wandler mit bidirektionalem Schalter gemacht: Forschende haben einen herkömmlichen Einzel-Gate-HEMT (Transistor mit hoher Elektronenbeweglichkeit) auf Basis der Verbindungshalbleiter-Heterostruktur Aluminiumgalliumnitrid/Galliumnitrid (AlGaN/GaN) in einem Niedervolt-3-Level-T-Type-Wandler als bidirektionalen Schalter genutzt und damit eine einfachere Ansteuerung des Transistors erzielt als mit einem bidirektionalen Transistor mit zwei Gates für solche Topologien. Der innovative Ansatz ermöglicht wie der 1200-Volt-MBDS neben einem flächeneffizienten Bauelementdesign eine einfachere Ansteuerung.
Fh.-IAF / JOL