27.09.2022

Leistungselektronik für die Zukunft

Hochfrequenzbauelemente auf GaN-Basis bringen den 6G-Mobilfunk auf Trab.

Selbstfahrende Autos, Telemedizin, automatisierte Fabriken – solche vielversprechenden Zukunftsanwendungen in den Bereichen Verkehr, Gesundheit und Industrie sind auf eine Informations- und Kommunikations­technik angewiesen, die den Leistungs­rahmen des aktuellen Mobilfunk­standards der fünften Generation (5G) übersteigt. Der 6G-Mobilfunk, mit dessen Einführung ab 2030 gerechnet wird, verspricht eine Hoch­geschwindigkeits­vernetzung für die zukünftig benötigten Datenmengen, da er Datenraten über ein Terabit pro Sekunde und Latenzen bis hinab zu 100 Millisekunden erreichen kann.

 

Abb.: E-Band-Modul auf GaN-Basis für breit­bandige...
Abb.: E-Band-Modul auf GaN-Basis für breit­bandige Punkt-zu-Punkt-Daten­verbindungen über große Entfernungen im 6G-Mobil­funk (Bild: Fh.-IAF)

An den für den 6G-Mobilfunk benötigten neuartigen Hochfrequenz­bauelementen haben das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörper­physik IAF und das Fraunhofer-Institut für Nachrichten­technik, Heinrich-Hertz-Institut HHI im Rahmen des von der Fraunhofer-Gesellschaft geförderten Projekts „KONFEKT“ (Komponenten für die 6G-Kommunikation) seit 2019 gearbeitet. Die Forscher haben Sendemodule auf Basis des Leistungs­halbleiters Galliumnitrid (GaN) entwickelt, mit denen erstmals in dieser Technologie die Frequenzbereiche um 80 GHz (E-Band) und 140 GHz (D-Band) erschlossen werden können. Der Fachöffentlichkeit wird das innovative E-Band-Sendemodul, dessen Leistungs­fähigkeit vom Fraunhofer HHI bereits erfolgreich getestet wurde, vom 25. bis 30. September 2022 auf der European Microwave Week (EuMW) in Mailand, Italien präsentiert.

„6G erfordert wegen der hohen Ansprüche an Leistung und Effizienz neuartige Hardware“, erklärt Michael Mikulla vom Fraunhofer IAF, der KONFEKT koordiniert: „Komponenten auf dem aktuellen Stand der Technik kommen da an ihre Grenzen. Das betrifft insbesondere die zugrundeliegende Halbleiter­technologie und die Aufbau- wie Antennen­technik. Um in den Kategorien Ausgangsleistung, Bandbreite und Leistungs­effizienz bessere Ergebnisse zu erzielen, benutzen wir für unser Modul beispielsweise monolithisch integrierte Mikrowellen­schaltungen (Monolithic Integrated Microwave Circuits, MMIC) auf GaN-Basis statt der aktuell gängigen Silizium-Schaltungen. GaN kann als Halbleiter mit großem Bandabstand höhere Spannungen verarbeiten und ermöglicht zugleich deutlich verlustärmere und kompaktere Bauelemente. Außerdem verzichten wir auf Oberflächen­montage und planare Aufbau­strukturen, um eine verlustärmere Strahl­formungs­architektur mit Hohlleitern und inhärenter Parallelschaltung zu konstruieren.“

Das Fraunhofer HHI ist ferner intensiv an der Evaluation 3D-gedruckter Hohlleiter beteiligt. Mehrere Komponenten, darunter Leistungs­teiler, Antennen und Antennen­zuleiter, wurden im SLM-Verfahren (Selective Laser Melting, selektives Laserschmelzen) konstruiert, gefertigt und charakterisiert. Durch dieses Verfahren ist es auch möglich, schnell und kostengünstig Komponenten zu fertigen, die mit herkömmlichen Verfahren nicht herzustellen sind, um so den Weg für die Entwicklung von 6G-Technologie zu ebnen.

„Durch diese technischen Innovationen bringen die Fraunhofer-Institute IAF und HHI Deutschland und Europa auf dem Weg zum Mobilfunk der Zukunft einen wesentlichen Schritt voran und leisten zugleich einen wichtigen Beitrag zur heimischen Technologie­souveränität“, betont Mikulla.

Das E-Band-Modul erreicht durch die Kopplung der Sendeleistung von vier Einzelmodulen mit extrem verlustarmen Hohlleiter-Komponenten eine lineare Ausgangsleistung von ein Watt im Frequenz­bereich von 81 Gigahertz bis 86 Gigahertz. Damit ist es für breitbandige Punkt-zu-Punkt-Daten­verbindungen über große Entfernungen geeignet, die eine Schlüssel­fähigkeit für zukünftige 6G-Architekturen darstellen.

Verschiedene Übertragungsexperimente des Fraunhofer HHI konnten die Leistungsfähigkeit der gemeinsam entwickelten Komponenten bereits demonstrieren: In unterschiedlichen Outdoor-Szenarien wurden Signale, die den aktuellen Entwicklungs­spezifikationen von 5G entsprechen (5G-NR Release 16 der globalen Mobilfunk­standardisierungsorganisation 3GPP), bei 85 Gigahertz mit einer Bandbreite von 400 Megahertz übertragen. Bei freier Sichtverbindung konnten über eine Distanz von 600 Metern Daten in einer Quadratur-Amplituden-Modulation mit 64 Symbolen (64-QAM) erfolgreich übertragen werden, was eine hohe Bandbreiten­effizienz von 6 Bit/s/Hz gewährleistet. Die Error Vector Magnitude (EVM) des empfangenen Signals lag dabei mit 24,43 Dezibel deutlich unterhalb des 3GPP-Grenzwertes von -20,92 Dezibel. Bei durch Bäume und geparkte Fahrzeuge behinderter Sichtverbindung konnten 16QAM-modulierte Daten erfolgreich über eine Distanz von 150 Metern übertragen werden. Auch bei einer komplett blockierten Sichtverbindung zwischen Sender und Empfänger war es hier noch möglich, Vierphasen-modulierte Daten (Quaternary Phase-Shift Keying, QPSK) mit einer Effizienz von 2 Bit/s/Hz zu übertragen und erfolgreich zu empfangen. Der hohe Signal-Rauschabstand von teilweise mehr als 20 Dezibel in allen Szenarien ist, besonders in Anbetracht des Frequenz­bereiches, bemerkenswert und wird nur durch die hohe Leistungs­fähigkeit der entwickelten Komponenten möglich.

In einem zweiten Ansatz wurde ein Sendemodul für den Frequenzbereich um 140 Gigahertz entwickelt, das eine Ausgangs­leistung von mehr als 100 Milliwatt mit einer extremen Bandbreite von 20 Gigahertz kombiniert. Tests mit diesem Modul stehen noch aus. Beide Sendemodule sind ideale Komponenten für die Entwicklung und Erprobung von zukünftigen 6G-Systemen im Terahertz-Frequenz­bereich.

Fh.-IAF / DE

 

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