Großes Potenzial für spin-photon-basierte Quantencomputer
Spin-Qubits in Diamant zeichnen sich durch lange Operationszeiten und kleine Fehlerraten aus.
Das vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt geförderte Projekt „Spinning“ hat erfolgreich demonstriert, dass hybrid integrierbare, skalierbare und nahe Raumtemperatur funktionierende Festkörper-Quantenbauelemente eine robuste und energieeffiziente Alternative zu etablierten Quantencomputer-Hardwareplattformen darstellen. Die entwickelten Spin-Qubits in Diamant zeichnen sich durch längere Operationszeiten und kleinere Fehlerraten als vergleichbare, kommerziell verfügbare supraleitende Systeme auf dem Stand der Technik aus. Die photonische Kopplung über Entfernungen von mehr als zwanzig Metern verspricht, eine Grundlage für leistungsstärkere verteilte Quantencomputer zu sein.

Das Projektkonsortium demonstrierte zum Abschluss des dreijährigen Verbundprojekts einen verteilt skalierbaren, universellen Quantencomputer auf Basis von Spin-Qubits in Diamant, der wesentliche Vorteile im Vergleich zu anderen Quantencomputing-Technologien bietet. Insgesamt 28 nationale Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft arbeiteten unter der Leitung des Fraunhofer-Instituts für angewandte Festkörperphysik an einem Festkörper-Quantencomputer, der sich durch ein neuartiges, vernetztes und hybrides Design auszeichnet.
In dem Projekt wurden Quantenregister durch photonische Kopplung mithilfe optischer Mikroresonatoren realisiert, die in Benchmark-Analysen alle gängigen Systeme und Erwartungen übertreffen konnten. Die Forscher haben Qubit-Register durch Farbzentren in Diamant und die sie umgebenden Kernspins hergestellt, die mit Mikroresonatoren photonisch über mehrere Register und Abstände von mehr als zwanzig Metern miteinander gekoppelt werden.
„Diese innovative Technik ermöglicht es, Distanzen von mehreren Metern zwischen den Quantenregistern zu überwinden. In diesem Konzept eines spin-photon-basierten Quantencomputers steckt ein großes Transferpotenzial, da es nicht nur über eine hohe Skalierbarkeit verfügt, sondern auch über eine hohe Konnektivität, die eine flexible Verbindung mit konventionellen Computern ermöglicht“, erläutert Rüdiger Quay, Koordinator des Verbunds und Institutsleiter am Fraunhofer-IAF.
Dem Projektteam gelang es erstmals, die Verschränkung von zwei Registern mit jeweils sechs Qubits über eine Distanz von zwanzig Metern erfolgreich zu demonstrieren und dabei eine hohe mittlere Güte von über 0,9 im Sinne der Ähnlichkeit der verschränkten Zustände zu erreichen. Darüber hinaus konnten signifikante Verbesserungen in der zentralen Hardware, Software sowie der Peripherie für den spin-photon-basierten Quantencomputer erzielt werden.
Das Basismaterial und dessen Bearbeitung sowie die Realisierung von Farbzentren in Diamant zur Erzeugung von Qubits konnten ebenso verbessert werden wie die Technologie der photonischen Resonatoren. Dabei wurden erfolgreich Germanium- und Zinn-Vakanz-Defekte, die selbst als Qubit dienen können, in begleitenden Komponenten wie Detektoren und Quellen demonstriert und Diamantmaterialien mit einem kontrollierten Kernspinbad hergestellt. Außerdem wurden hohe Q-Faktoren für Mikroresonatoren aus Diamant erreicht, in denen Farbzentren gezielt platziert wurden.
Ferner ist es dem Konsortium gelungen, die für den Betrieb des Quantencomputer benötigte Elektronik zu entwickeln und erste Anwendungen des Quantencomputers für künstliche Intelligenz aufzuzeigen.
Der exemplarische Vergleich der Ergebnisse aus „Spinning“ mit den Kennzahlen von Quantencomputern auf Basis supraleitender Josephson-Kontakte, in deren Entwicklung bislang weltweit ein Vielfaches der Ressourcen investiert wurde, zeigt das enorme Potenzial der Technologie: Der bislang zwölf Qubits umfassende spin-photon-basierte Quantencomputer erreicht im Ein-Qubit-Gatter mit einer Fehlerquote von unter 0,5 Prozent das gleiche Ergebnis wie die prominenten SJJ-Modelle Eagle mit 127 Qubits und Heron mit 154 Qubits, die Teil der kommerziell nutzbaren IBM-Quantencomputing-Cloud sind.
Bei der Kohärenzzeit übertrifft der spin-photon-basierte Quantencomputer mit einer Länge von über zehn Millisekunden die SJJ-Modelle deutlich, obwohl die Distanz bei der Verschränkung mit zwanzig Metern gegenüber wenigen Millimetern um ein Vielfaches größer ausfällt. Das ermöglicht längere Rechenoperationen und somit das Lösen komplexerer Problemstellungen.
Fh.-IAF