Bevor es brutzelt
Analyse magnetischer Flussröhren ermöglicht bessere Vorhersage von Sonneneruptionen.
Die Vorstellung Sonneneruptionen wie Unwetter vorhersagen zu können, ist zwar noch nicht in naher Zukunft umsetzbar, aber bereits viel mehr als nur ein Traum der Physiker. Eine Sonneneruption ist ein Gebilde erhöhter Strahlung innerhalb der Chromosphäre der Sonne, die durch Magnetfeldenergie gespeist wird. Kommt es zu einer Reorganisation der Bögen, die zu einer Ablösung von Plasmaschläuchen führt, beobachtet man einen erhöhten Massenausstoß. Treffen große Mengen des von der Sonne ausgestoßenen Plasmas auf das Magnetfeld der Erde, kann dies zu erheblichen Störungen in den Stromnetzen, Satellitensystemen und Flugzeugnavigationssystemen führen.
Abb.: Magnetschlauch-Modell einer Sonneneruption mit Erde als Größenvergleich (Bild: T. Amari / CNRS / Ecole Polytechnique)
Den Forschern ist es nun gelungen, eine Vorstufe solcher Sonneneruptionen zu erkennen und zu identifizieren. Vor dem Plasmaausbruch bildet sich eine rasch anwachsende verdrillte magnetische Flussröhre, die sich auf der Oberfläche der Sonne in Form einer großen langen Schleife von mehreren Millionen Kilometern ausbreitet. Erreicht diese Flussröhre eine gewisse Höhe und ein gewisses Maß an Energie, kann diese riesige Struktur auseinanderbrechen und dadurch ein koronaler Massenauswurf entstehen. Die entscheidende Frage ist nun, ob diese hochenergetischen Teilchen eines solchen Auswurfs zwei bis vier Tage später die Erde treffen und einen geomagnetischen Sturm auslösen.
Die Erkenntnis, dass solche magnetischen Flussröhren Vorläufererscheinungen von Sonneneruptionen sind, ist nicht neu. Die Arbeiten von Tahar Amari und seinen Kollegen vom Zentrums für Theoretische Physik an der Ecole Polytechnique und des Labors für Astrophysik, Interpretation und Modellierung an der Universität Paris Diderot liefern jedoch hierfür fundierte Beweise und eine erneute Bestätigung.
Die Forscher beobachteten und analysierten die Entstehung einer großen Eruption, die sich in der Nacht vom 12. auf den 13. Dezember 2006 ereignete. Dank der Daten, die das Solar Optical Telescope an Bord des japanischen Weltraumteleskops Hinode von einer Sonneneruption im Dezember 2006 geliefert hatte, konnten sie das Magnetfeld auf der Sonnenoberfläche um die Eruption herum genauestens kartographieren. Als Vergleichswert nahmen die Forscher die magnetischen Messungen vier Tage vor der Eruption.
Anschließend haben sie das Magnetfeld der gesamten Sonnenatmosphäre der beobachteten Region herausgerechnet, einschließlich der Korona, wo Temperaturen von über 1 Million Grad erreicht werden und wo direkte Messungen des magnetischen Feldes unmöglich sind. Sie ist der Ursprungsort der Eruptionen.
Als nächstes verfolgten die Forscher die Entwicklung des Magnetfelds, die sie zuvor mithilfe eines numerischen Simulationsmodells vorausgesagt hatten. „Laut unserem Modell sollte bis zu einem Tag vor der Eruption keine magnetische Flussröhre entstehen”, so Tahar Amari. Ab dem Tag X bildete sich eine große Flussröhre, die bis 20:30 Uhr stetig anwuchs und eine gewaltige Größe erreichte. Beobachtungen deuten darauf hin, dass die Eruption vier Stunden später stattfand.
Mit ihrer Simulation waren die Forscher in der Lage, die von der großen verdrillten Struktur gespeicherte Energie zu berechnen. So konnten sie sie anschließend mit der beim Auswurf direkt gemessenen Energie vergleichen. Die Forscher fanden heraus, dass, sobald die Flussröhre eine bestimmte Schwellenenergie erreicht, eine kleine Instabilität genügt, um die Eruption auszulösen. Daraus ergibt sich, dass die Eruption durch zwei miteinander verknüpfte Kriterien ausgelöst wird: zum einen aufgrund der in der Flussröhre angewachsenen magnetischen Energie und zum anderen aufgrund seiner Instabilität.
Franz. Botschaft / DE