21.12.2015

Bewegung senkrecht zum antreibenden Feld

Anomale Geschwindigkeit von Ladungsträgern in Festkörpern erstmals mit Subpikosekunden-Auflösung untersucht.

Die Bewegung von Ladungsträgern senkrecht zu einem antreibenden elektrischen Feld – und dies ohne Magnetfeld – stellt eine der verblüffendsten Eigenschaften von Ladungs­trägern in Fest­körpern dar. Diese anomale Geschwindigkeit führt zu faszinierenden physikalischen Phänomenen wie dem Spin-Hall-Effekt und dem anomalen Hall-Effekt und könnte für zukünftige Anwendungen in der Spintronik und sogar für neue Quanten­computer wichtig sein. Forschern der PTB ist es nun gelungen, diese anomale Geschwin­digkeit in einem Halbleiter aus GaAs mit einer Zeit­auf­lösung im Sub­piko­sekunden-Bereich nachzu­weisen und zu messen. Die Unter­suchungen ermöglichen zum einen neue Aufschlüsse über die mikro­skopischen Ursachen der anomalen Geschwin­digkeit und eröffnen zum anderen ein neues Forschungs­gebiet, da wichtige physikalische Prozesse nun zeit­auf­gelöst untersucht werden können.

Abb.: Schematische Darstellung der anomalen Geschwindigkeit: Ladungsträger mit einer gewissen Spinausrichtung (grüne Pfeile) werden in einem elektrischen Feld beschleunigt und erfahren eine Geschwindigkeitskomponente senkrecht zum elektrischen Feld. (Abb.: PTB)

Die anomale Geschwindigkeit hat verschiedene mikro­skopische Ursachen, wobei zwischen intrin­sischen und extrin­sischen Beiträgen unter­schieden wird. Der intrin­sische Beitrag hängt von den intrin­sischen Eigen­schaften des Festkörpers ab, während der extrin­sische Beitrag durch Streuung der Ladungs­träger zustande kommt. Trotz intensiver Unter­suchungen der anomalen Geschwin­digkeit in den letzten Jahren ist es bisher nicht gelungen, ein einfaches Verfahren zu entwickeln, mit dem zweifels­frei zwischen intrin­sischen und extrin­sischen Beiträgen unter­schieden werden kann. Zudem ist die anomale Geschwin­digkeit noch nicht auf sehr kurzen Zeit­skalen untersucht wurden, in denen zum Beispiel kohärente Effekte signi­fikante Auswirkungen auf die anomale Geschwin­digkeit haben können.

Die Forscher der PTB haben einen Halbleiter aus GaAs mit einem optischen Femto­sekunden­laser und einem gepulsten Hoch­frequenz­feld angeregt. Während der optische Laserpuls Ladungs­träger mit einer speziellen Spin­ausrichtung erzeugt, beschleunigt das Hoch­frequenz­feld diese Ladungs­träger. Dabei bekommen die Ladungs­träger nicht nur eine normale Geschwin­digkeit parallel zum antrei­benden Hoch­frequenz­feld, sondern auch die anomale Geschwin­digkeit senkrecht dazu. Durch eine zeit­aufge­löste Analyse der von der Probe emittierten elektro­magnetischen Strahlung konnte die anomale Geschwin­digkeit nachge­wiesen werden.

Die PTB-Forscher haben gezeigt, dass zeit­aufge­löste Messungen der anomalen Geschwin­digkeit eminent wichtig für deren weiter­gehendes Verständnis sind. Zum einen ermöglichen solche Studien die Unterscheidung von intrin­sischen und extrin­sischen Effekten, da diese zu einer unter­schiedlichen Strom­dynamik führen. Zum anderen können mit der entwickelten Mess­technik neuartige Unter­suchungen zur Abhängigkeit der anomalen Geschwin­digkeit von Impuls und Energie der involvierten Ladungs­träger realisiert werden. Dies ermöglicht wiederum weiter­gehende Unter­suchungen anderer wichtiger physikalischer Phänomene.

PTB / RK

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