Bindungsverhältnisse bestimmen Wärmeleitfähigkeit
Phasenwechselnde Materialien zeigen auch im kristallinen Zustand eine geringe Wärmeleitfähigkeit.
Phasenwechselnde Materialien zeigen auch im kristallinen Zustand eine geringe Wärmeleitfähigkeit.
Optische Datenträger wie DVDs, Blu-rays oder CD-RWs speichern Daten in Schichten aus sogenannten Phasenwechselmaterialien. Zukünftig könnten diese Materialien die Entwicklung schneller, nichtflüchtiger und energiesparender Arbeitsspeicher ermöglichen. Eine Voraussetzung dafür ist eine niedrige Wärmeleitfähigkeit. Laut einem internationalen Forscherteam zeigen phasenwechselnde Materialien auch im kristallinen Zustand eine überraschend niedrige Wärmeleitfähigkeit. Ihre Erkenntnisse sollen die gezielte Suche nach Materialien mit den gewünschten Eigenschaften vereinfachen.
"Ausgangspunkt unserer Untersuchungen war die Feststellung unserer japanischen Kollegen, dass das amorphe Material härter ist als das kristalline", erläutert Raphaël Hermann vom Jülich Centre for Neutron Science. "Das widersprach allen Annahmen, aber die gemessenen stärkeren Bindungskräfte zwischen den Atomen im amorphen Zustand passten dazu." Der an der Studie beteiligte Wissenschaftler untersuchte, wie die Atome in den Proben schwingen, zum einen lokal im Bereich der Atome, zum anderen über längere Reichweiten. "Im kristallinen Material fanden wir härtere Schwingungen für lange Reichweiten und bessere Leitfähigkeit für Schall als im amorphen. Das ist normal und hängt mit einer Zunahme der Ordnung zusammen. Aber bei den Schwingungen mit kurzer Reichweite im Kristall erlebten wir eine Überraschung: Sie waren weicher. Die Nahordnung im kristallinen Material ist also geringer als im amorphen. Das ist sehr ungewöhnlich."
Auf Basis aller Messergebnisse entwickelten Forscher um Matthias Wuttig von der RWTH Aachen ein Modell, das die scheinbaren Widersprüche erklärt. Normalerweise korreliert die Ausbreitung von Schallwellen im Material mit der Wärmeleitfähigkeit. Bei den phasenwechselnden Materialien ist das aber nicht der Fall. Der Grund dafür ist, dass die Atome im kristallinen Zustand resonant gebunden sind, also Atompaare sich Bindungen teilen. Hingegen ist die Bindung der Atome im amorphen Material kovalent, also stärker. Das kristalline Material ist daher weicher und die Atome schwingen sanfter, zusätzlich gibt es mehr Unordnung im lokalen Bereich. Beides beeinträchtigt die Leitfähigkeit für die Schwingungen, die die Wärme transportieren und teilweise kurzwellig sind, aber nicht für die langwelligen Schallwellen.
Forschungszentrum Jülich / AL