Biochemische Analyse mit dem MRT
Neue Kontrastmittel für die Magnetresonanztomographie machen biochemische Prozesse sichtbar.
Die Magnetresonanztomographie (MRT) hat enormes Potenzial für Diagnostik und Forschung. Nicht nur grobe Strukturen lassen sich damit bildlich darstellen, sondern prinzipiell auch biochemische Prozesse. Doch hierfür reicht die Empfindlichkeit herkömmlicher Geräte nicht aus. In der Klinik eingesetzte MRTs eignen sich hervorragend, um zum Beispiel anatomische Strukturen im Gehirn darzustellen, einen Bandscheibenvorfall abzuklären oder Tumore zu vermessen. Bei der Darstellung von medizinisch interessanten Stoffwechselprozessen stoßen sie aber an ihre Grenzen.
„Die Konzentration vieler Stoffwechselprodukte, die wirklich interessant sind, ist viel zu gering, um sie zu messen“, erklärt Jan-Bernd Hövener, der sich für die chemische Analyse mittels MRT interessiert und diese Technik im Exzellenzcluster „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) etabliert. Seine Arbeitsgruppe entwickelt neue Methoden, um die Empfindlichkeit des MRT zu erhöhen und biochemische Analysen zu ermöglichen. Diesem Ziel sind sie mit einer aktuellen Arbeit einen großen Schritt nähergekommen.
„Für die Messung des Stoffwechsels, der grundlegenden Prozesse des Lebens, ist das Signal der normalen MRTs leider häufig zu schwach“, erklärt der Professor für Translationale Magnetresonanztomografie an der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und Leiter der Sektion Biomedizinische Bildgebung der Klinik für Radiologie und Neuroradiologie am Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, und des Molecular Imaging North Competence Center (MOIN CC). Zur Verstärkung der Signale wendet der Medizinphysiker Hyperpolarisierungsmethoden an. Das sind physikalische Methoden, die dazu führen, dass sich die Spins von Atomkernen vermehrt in eine Richtung ausrichten, so dass sie im MRT besser sichtbar sind: Magnetresonanz kann nämlich nur gemessen werden, wenn sich die Spins ausrichten und nicht gegenseitig aufheben. „Ein vielversprechender Ansatz für die Bildgebung von Stoffwechselprozessen ist die Verwendung von hyperpolarisierten Kontrastmitteln. Hierbei werden körpereigene Substanzen wie Glukose vor ihrer Anwendung quantenmechanisch bearbeitet, so dass sie im MRT ‚leuchten‘“,sagt Hövener. Krebszellen, die vermehrt Glukose umsetzen, könne man so frühzeitig aufspüren. Die Technik wird bisher nur experimentell eingesetzt, ist langsam und sehr teuer. Das benötige Gerät, der Dynamic Nuclear Polarizer (DNP), kostet mehr als zwei Millionen Euro.
„Wir haben eine neue Methode entwickelt, die deutlich weniger kostet und innerhalb weniger Sekunden funktioniert“, berichtet Kolja Them, Postdoktorand in Höveners Arbeitsgruppe. „Wir konnten zwei bislang getrennte Methoden miteinander kombinieren und erreichen damit eine bis zu 50.0000-fache Signalverstärkung.“ Die Para-Wasserstoff-induzierte Polarisation (PHIP-X) ermöglicht eine breite Anwendung, da sie die MR-Signale von vielen Biomolekülen verstärke. „Wir erhoffen uns, damit neuartige Kontrastmittel für die Präzisionsmedizin, schneller und billiger herstellen zu können als bisher“, sagt Kolja Them. Bis zu einer möglichen Anwendung sei jedoch noch einiges zu tun. Die Grundlagen müssten weiter erforscht, die Materialien verträglich gemacht und die Signalverstärkung länger am Leben gehalten werden. Der Exzellenzcluster PMI hat mit einer Förderung von Kolja Them die Entwicklung von PHIP-X vorangebracht. Hövener: „Diese Förderung ist ein ausgezeichnetes Werkzeug, um vielversprechende Projekte unserer jungen Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen. Diese Förderung gibt uns die Möglichkeit, neue Technologien in die Anwendung zu bringen.“
Seit seinem Ruf an die Uni Kiel 2017 hat Hövener verschiedene Geräte eingeworben, um eine einzigartige Umgebung für die Bildgebungs- und Hyperpolarisierungsforschung aufzubauen. Neben Geräten für die Herstellung von Stoffwechsel-Kontrastmitteln und für die Bildgebung der Lunge gehören hierzu auch verschiedene experimentelle Aufbauten, um die Quantenmechanik der Hyperpolarisation zu untersuchen, sowie die dazugehörigen MRT-Geräte. Highlights sind die besonders starken 7 Tesla und 9,4 Tesla MRT-Geräte. Zum Vergleich: In der Klinik eingesetzte Geräte haben üblicherweise Magnete mit einer Stärke von 1,5 bis 3 Tesla.
Essentiell für Höveners Forschung ist das MOIN CC: „Das Land Schleswig-Holstein, die Medizinische Fakultät und die Uni Kiel haben mit dem MOIN CC eine ausgezeichnete Infrastruktur geschaffen, die es uns erlaubt, Talente aus der ganzen Welt anzuwerben. Innovationen kommen häufig aus den Grundlagenwissenschaften, und das hat Kiel erkannt!“.
U. Kiel / DE