Biophysiker bestimmen die Zelladhäsionskraft
Forscher der Universität Heidelberg kombinieren Pikosekundenlaser und optisches Mikroskop.
Bei der Zelladhäsionskraft handelt es sich um die Kraft, die Zellen aufbauen, wenn sie an Oberflächen haftend wachsen. Um diese zuverlässig quantitativ bestimmen zu können, haben die Wissenschaftler der Arbeitsgruppe um Motomu Tanaka einen Pikosekundenlaser mit einem optischen Mikroskop kombinert. Zudem konnte das Forscherteam am Physikalisch-Chemischen Institut der Universität Heidelberg zeigen, dass sie die mikromechanische Umgebung von Zellen mit Hilfe bestimmter Polymere dynamisch regulieren können.
Abb.: Mit diesem Aufbau aus einem Pikosekundenlaser und einem invertierten Mikroskop, das mit einer Zellinkubationskammer ausgestattet ist, lässt sich die Kraft bestimmen, die hinter der Zelladhäsionskraft steckt. (Bild: U. Heidelberg)
Um die Zelladhäsionskraft zu erfassen, bestimmen sie den kritischen Druck, der notwendig ist, um wachsende Zellen von ihrer Oberfläche – dem Substrat – zu lösen. Dazu fokussieren sie einen starken Laserpuls durch das Objektiv eines Mikroskops an der Oberfläche. In der Folge entsteht eine Druckwelle, die sich mit Überschallgeschwindigkeit bewegt. Sie ist stark genug, um die Zellen von ihrem Substrat zu lösen. Über die Laserenergie und den Abstand zwischen dem Brennpunkt und dem Laserziel lässt sich der kritische Druck zur Zellablösung und damit die Zelladhäsionskraft quantitativ bestimmen. Derzeit wird diese Technik verwendet, um die Adhäsionskraft verschiedener Zelltypen zu bestimmen, beispielweise bei Blutstammzellen.
Die Heidelberger sind auch der Frage nachgegangen, welches Potenzial sogenannte smarte Hydrogele für die Regulation der mikromechanischen Umgebung von Zellen besitzen. Bei diesen Polymeren lässt sich die Steifigkeit ihrer Oberfläche durch vorsichtige Änderung des pH-Werts umkehrbar um den Faktor 40 regulieren, ohne dabei die Lebensfähigkeit der Zellen nachteilig zu beeinflussen. Auf eine durch Hydrogele hervorgerufene Änderung der Elastizität ihres Zellsubstrats können Zellen reagieren. Dies ist beispielsweise bei Muskelvorläuferzellen der Fall. Das haben mikroskopische Aufnahmen am Nikon Imaging Center in Heidelberg gezeigt. Damit lassen sich zum Beispiel die Reaktionen von Zellen, die ihre Form durch Zusammenziehen verändern können, auf mechanische Reize aus ihrer Umgebung hin untersuchen. So kann ermittelt werden, wie sich ein Reiz, der durch die Härte eines Knochengewebes hervorgerufen wird, im Vergleich zu einem durch die Wechselwirkung mit Bindegewebe hervorgerufenen Reiz auf die Entwicklung von Stammzellen auswirkt.
Kooperationspartner der Heidelberger Wissenschaftler waren Steven P. Armes von der University of Sheffield und die britische Firma Biocompatibles Inc., die die Hydrogele synthetisierte.
U. Heidelberg / OD