22.04.2010

Blaues Licht negativ gebrochen

Ein neuartiges Metamaterial für sichtbares Licht sollte einen Brechungsindex von –2 haben, wie Computersimulationen zeigen.

Ein neuartiges Metamaterial für sichtbares Licht sollte einen Brechungsindex von –2 haben, wie Computersimulationen zeigen.

Metamaterialien sind künstliche Strukturen mit ungewöhnlichen elektromagnetischen Eigenschaften, wie man sie z.B. bei keinem natürlichen Kristall findet. So gibt es „linkshändige“ Metamaterialien mit negativem Brechungsindex, die das Licht in die falsche Richtung brechen, sodass einfallender und gebrochener Strahl zur selben Seite des Lotes liegen. Das eröffnet ungeahnte Möglichkeiten für die Optik, wie etwa Abbildungen unterhalb der Beugungsgrenze. Hatte man zunächst künstliche Strukturen für Mikrowellen und infrarotes Licht hergestellt, so arbeitet man nun an Metamaterialien für den Bereich des sichtbaren Lichtes. Forscher am Caltech haben jetzt eine neuartige und erfolgversprechende Struktur für linkshändige optische Materialien vorgestellt.

Abb.: Das neu, noch hypothetische Metamaterial besteht aus hexagonal angeordneten zylindrischen Wellenleitern aus Silber (dunkelgrau) und GaP (hellgrau). (Bild: Stanley P. Burgos et al., Nature Materials)

Die Metamaterialstruktur, die Forscher um Harry Atwater mit Computersimulationen getestet haben, unterscheidet sich deutlich von der Struktur der bisher realisierten linkshändigen Metamaterialien. Diese bestanden aus übereinandergestapelten, zweidimensionalen regelmäßigen Anordnungen von Resonatoren, deren Form an geschlitzte Ringe erinnerte. Da die Ringe bei einer bestimmten Anregungsfrequenz zugleich in elektrische und magnetische Resonanz gerieten, waren ihre elektrische Permittivität ε und ihre magnetische Permeabilität µ in einem engen Frequenzbereich gleichzeitig negativ, sodass auch ihr Brechungsindex negativ wurde.

Je kürzer die Wellenlänge der anregenden elektromagnetischen Wellen ist, desto feiner muss der künstliche Kristall aus geschlitzten Ringen in allen drei Raumrichtungen strukturiert sein, um die gewünschten Eigenschaften zu haben. Bei Metamaterialien für sichtbares Licht mit Wellenlängen zwischen 400 und 700 nm gerät man dabei an die Grenzen des derzeit Machbaren. Hier könnte die von Atwater und seinen Kollegen vorgeschlagene Struktur weiterhelfen, da sie nur in zwei Raumrichtungen kompliziert aufgebaut ist.

Das neue Metamaterial bestand aus zylinderförmigen Wellenleitern, die parallel angeordnet und in einem bienenwabenförmigen Muster gebündelt waren. Ein solcher koaxialer Wellenleiter hatte einen zylindrischen Silberkern mit einem Durchmesser von 75 nm, der von einer 25 nm dicken dielektrischen Schicht aus Galliumphosphid umgeben war, die wiederum von einer Silbermatrix umschlossen wurde. Dieser Wellenleiterkristall hatte eine räumliche Periode von 165 nm. Mit aufwendigen Berechnungen untersuchten die Forscher die optischen Eigenschaften dieses Metamaterials.

Abb.: Die Simulation zeigt, dass ein Keil aus dem neuen Metamaterial elektromagnetische Wellen für λ=483 nm in die „falsche“ Richtung bricht. (Bild: Stanley P. Burgos et al., Nature Materials)

Zuerst ließen sie Lichtwellen von 483 nm Wellenlänge auf eine unendlich dicke Schicht des Metamaterials einfallen und Schwingungen in den Wellenleitern anregen, die sich in der Schicht ausbreiteten. Es zeigte sich, dass das Material für diese Wellen einen effektiven Brechungsindex von ca. –2 hatte, und zwar weitgehend unabhängig vom Einfallswinkel der Lichtwellen, den die Forscher bei ihren Berechnungen zwischen 0 und 50 Grad variierten. Eine solche Winkelunabhängigkeit der optischen Eigenschaften hatte man bei linkshändigen Metamaterialien aus geschlitzten Ringen nicht beobachtet. Hier traten die gewünschten optischen Eigenschaften nur in einem kleinen Winkelbereich auf.

Sodann untersuchten die Forscher, wie eine ebene Lichtwelle an einem 300 nm dicken Keil aus dem neuen Metamaterial gebrochen wurde, der einen Neigungswinkel von 3 Grad hatte. Hierbei variierten sie wiederum den Einfallswinkel und nahmen zudem auch unterschiedliche Polarisationen für die Wellen an. Auch in diesen Fällen lag der Brechungsindex bei –2. Erwartungsgemäß wurde die Lichtwelle vom Keil in die falsche Richtung gebrochen. Die Phase der Welle lief im Keil ebenfalls in die falsche Richtung, nämlich entgegen der Ausbreitungsrichtung der Welle.

Den Berechnungen zufolge sollte schon eine etwa 120 nm dünne Schicht des Metamaterials diese ungewöhnlichen optischen Eigenschaften in einem Wellenlängenbereich von 450 bis 500 nm haben. Solche Schichten wird man vielleicht bald herstellen können, denn schon im vergangenen Jahr war es Atwater und seinen Kollegen gelungen, nanometergroße koaxiale Löcher in eine Silberschicht zu bohren – der erste Schritt zu Herstellung der Wellenleiter im neuen Metamaterial.

RAINER SCHARF

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