18.03.2011

Blick ins Innere eines Riesensterns

Forscher entdecken mit dem Weltraumteleskop Kepler Schwingungsmoden eines Roten Riesen, die durch das Zentrum des Sterns hindurch laufen.

Forscher entdecken mit dem Weltraumteleskop Kepler Schwingungsmoden eines Roten Riesen, die durch das Zentrum des Sterns hindurch laufen.

Das im März 2009 gestartete Weltraumteleskop Kepler hat schon für einige Schlagzeilen gesorgt. Kepler überwacht die Helligkeit von 156.000 Sternen in einer kleinen Region in den Sternbildern Schwan und Leier und hat auf diese Weise bereits eine große Zahl neuer Planeten bei anderen Sternen entdeckt. Weniger bekannt ist, dass die Messungen des Teleskops auch neue Erkenntnisse über physikalisch veränderliche Sterne liefern. Ein internationales Forscherteam hat nun eine weitere Anwendung der Kepler-Daten demonstriert: Sie erlauben einen Blick in das Innere von Sternen.

Bild: Asteroseismologie: Schwingungen erlauben einen Blick in das Innere eines Sterns. (Quelle: Universität Aarhus)

Der Astrophysiker Paul Beck von der Universität Leuven in Belgien und seine Kollegen aus Australien, Dänemark, Frankreich, Kanada, den Niederlanden und den USA konnten gewissermaßen den Puls eines Sterns fühlen: Die Forscher haben geringfügige periodische Helligkeitsschwankungen analysiert, die durch Schwingungen der Sternoberfläche verursacht werden.

Ähnlich wie die Seismologie auf der Erde erlaubt eine solche Asteroseismologie, also die genaue Untersuchung solcher Schwingungen, im Prinzip einen Blick in das Innere eines Sterns. Allerdings sind die durch solche Schwingungen verursachten Helligkeitsschwankungen bei Sternen zumeist so klein, dass ihr Nachweis vom Erdboden aus kaum möglich ist. Die Hoffnungen der Astronomen richten sich deshalb auf Helligkeitsmessungen mit Weltraumteleskopen wie Kepler.

Besonders geeignet für asteroseismologische Untersuchungen sind Rote Riesen, aufgeblähte Sterne, bei denen der Wasserstoff im Zentrum bereits vollständig zu Helium fusioniert ist. Beobachtungen in den letzten beiden Jahren haben gezeigt, dass diese alternden Sterne akustischen Schwingungsmoden aufweisen, aus deren Messung sich grundlegende physikalische Parameter der Sterne wie Masse und Radius mit hoher Genauigkeit bestimmen lassen.

Wie Beck und seine Kollegen nun berichten, sind sie in den auf 320 Beobachtungstagen basierenden Kepler-Daten des Roten Riesen KIC 6928997 nicht nur auf akustische, sondern auch auf so genannte gemischte Schwingungsmoden gestoßen. Darunter verstehen die Forscher Oszillationen, die sich in der Kernregion des Sterns als Schwerewellen, in der äußeren Hülle dagegen als akustische Wellen ausbreiten. Theoretische Modelle hatten bislang darauf hingedeutet, dass Schwerewellen an der Oberfläche nicht beobachtbar sein sollten, da sie gewissermaßen im Kern des Sterns gefangen sind. Die Beobachtungen des Teams von Beck zeigen nun jedoch, dass gemischte Dipol-Moden mit signifikanten Amplituden an der Sternoberfläche auftreten können.

Im Gegensatz zu rein akustischen Moden erlauben gemischte Schwingungsmoden einen Blick bis in das Zentrum des Sterns, da sie durch den Kernbereich des Sterns hindurch laufen. Die Verteilung der Schwingungsfrequenzen stimmt nach Angabe der Forscher gut mit einem theoretischen Modell des Roten Riesen überein. Künftig könnte das Verfahren beispielsweise erlauben zu bestimmen, wie sich die  Materiedichte zwischen der äußeren Konvektionszone und der Kernregion ändert. Kepler dürfte damit künftig auch zu einem wichtigen Werkzeug für asteroseismologische Untersuchungen von Roten Riesen werden.

Rainer Kayser

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