Bose-Einstein-Kondensate einfach beschreiben
Neues theoretisches Modell umfasst verschiedene physikalische Regime und Szenarien dieses Materiezustands.
Bose-Einstein-Kondensate werden häufig als fünfter Aggregatzustand beschrieben: Bei extrem niedrigen Temperaturen verhalten sich die Atome eines Gases wie ein einziges Teilchen. Die genauen Eigenschaften dieser Systeme sind notorisch schwer zu erforschen. Nun schlagen Physiker der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und der Ludwig-Maximilians-Universität München eine neue Theorie vor, um die Quantensysteme effizienter und vollständiger zu beschreiben.
Die Erforschung des exotischen Materiezustands geht auf Albert Einstein zurück, der die Existenz von Bose-Einstein-Kondensaten im Jahr 1924 theoretisch vorhergesagt hat. „Seitdem versuchte man lange Zeit, ihre Existenz auch experimentell nachzuweisen“, sagt Carlos Benavides-Riveros vom Institut für Physik der MLU. Erst im Jahr 1995 gelang es Forschern aus den USA, die Kondensate auch experimentell herzustellen. 2001 erhielten diese dafür den Nobelpreis für Physik.
Seither arbeiten Physiker weltweit daran, diese Systeme besser zu beschreiben und so ihr Verhalten genauer vorhersagen zu können. Normalerweise sind dafür extrem komplexe Gleichungen und Modelle nötig. „In der Quantenmechanik werden Systeme mit vielen wechselwirkenden Teilchen durch die Schrödingergleichung beschrieben. Wegen der exponentiell steigenden Zahl der Freiheitsgrade ist diese Gleichung aber nicht einfach zu lösen. Dies ist das sogenannte Vielteilchenproblem, dessen Lösung eine der wichtigsten Herausforderungen der heutigen theoretischen und rechnergestützen Physik ist“, erklärt Benavides-Riveros.
Die Arbeitsgruppe der MLU schlägt nun eine Methode vor, die vergleichsweise einfach ist. „Einer unserer Schlüsselgedanken ist, dass die Partikel im Kondensat paarweise wechselwirken", so Ko-Autor Jakob Wolff von der MLU. Deshalb sei die Beschreibung solcher Systeme mit deutlich einfacheren und etablierten Methoden möglich, die etwa in elektronischen Quantensystemen zum Einsatz kommen.
„Unsere Theorie ist exakt und deckt verschiedene physikalische Regime und Szenarien ab, zum Beispiel stark wechselwirkende ultrakalte Atome, und sieht vielversprechend aus, um supraleitende Materialien beschreiben zu können“, fasst Jakob Wolff zusammen.
MLU / DE