Bosonenfalle für Fermionen
Mischung aus Fermi-Gas und Bose-Einstein-Kondensat unerwartet stabil.
Kalte Quantengase eignen sich hervorragend, um die Grundlagen der Quantenphysik zu überprüfen und neuartige Phänomene zu untersuchen. In den vergangenen Jahren haben es insbesondere Mischungen verschiedenartiger Atomgase erlaubt, ungewöhnliche Quanteneigenschaften wie Polaronen aus Fermionen und Bosonen oder supraflüssige Mischungen zu studieren. Ganz neue Phasen, vermittelte langreichweitige Wechselwirkung oder ungewohntes Bindungsverhalten sind theoretischen Modellen zufolge zu erwarten. Insbesondere die Kombination von Fermionen und Bosonen mit stark unterschiedlicher Masse sollte neuartige Phänomene offenbaren. Bislang hat es sich allerdings als schwierig erwiesen, sehr unterschiedlich schwere Fermionen und Bosonen gemeinsam auf die notwendigen tiefen Temperaturen zu bringen und zusammenzuhalten.
Abb.: Bei stark anziehenden Kräften zwischen beiden Teilchensorten bleiben die Lithium-
Einem Forscherteam um Cheng Chin von der University of Chicago ist jetzt genau das gelungen. Dabei war das von ihnen kontrollierte Teilchengemisch sogar stabiler, als die gängigen Theorien es erwarten lassen. Diese überraschende Stabilität ist experimentell einerseits ein Segen, denn sie ermöglicht Messungen, die bislang für unmöglich galten. Auf der anderen Seite stellt sie Anforderungen an die Theoretiker, solche Quanten-
Die Wissenschaftler wählten fermionisches Lithium-6 und bosonisches Cäsium-133 als atomare Gase, da diese Kombination den größten Massenunterschied bei stabilen Alkaliatomen mit sich bringt und ihre Wechselwirkungen gut bekannt sind. Außerdem besitzen diese Atomsorten Feshbach-
Zunächst fingen die Forscher je rund zwei Millionen Lithium- und Cäsium-
„Wir haben eine zweifarbige Dipolfalle benutzt und den magnetischen Feldgradienten sehr sorgfältig kontrolliert, um guten Kontakt zwischen beiden Atomsorten bis hinunter zu zwanzig Nanokelvin zu garantieren und eine gute Überlappung der Atomwolken zu gewährleisten“, sagt Chin. Anziehende oder abstoßende Kräfte zwischen den Lithium- und Cäsium-
Vor allem bei anziehenden Kräften zwischen beiden Atomsorten zeigte sich ein überraschendes Verhalten: Gängigen theoretischen Vielteilchen-
Mit solchen gemischten Systemen aus Fermionen und Bosonen stark unterschiedlicher Masse eröffnen sich Möglichkeiten, quantenphysikalische Parameterbereiche unter die Lupe zu nehmen, die bislang für kaum realisierbar galten. Dank der überraschenden Stabilität dieser Mischung sollten sich neuartige Quantenphänomene erforschen lassen, die anderen Experimentiertechniken noch nicht zugänglich sind. Eine Möglichkeit besteht etwa darin, molekulare Quasiteilchen zu erzeugen, die keine Entsprechung in der Natur haben.
Mit diesem Aufbau lassen sich auch unbewegliche Verunreinigungen in einem Fermionen-
Mit einem solchen System kann man aber auch das Verhalten des Bose-
Die Forscher stehen mit ihren Experimenten aber noch am Anfang und wollen in Zukunft schrittweise überprüfen, wie weit sie über die theoretisch vorhergesagten Grenzen hinausgelangen können. Hierzu wollen sie in Zukunft nicht nur die Stärke der Wechselwirkungen erhöhen, sondern auch versuchen, verschiedene kollektive Moden des Systems anzuregen. Solche Versuche könnten sowohl für neue Überraschungen sorgen als auch wichtigen Datengrundlagen für künftige theoretische Studien liefern.
Dirk Eidemüller
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RK