14.05.2014

Cepheiden zeigen: Scheibe der Milchstraße aufgeweitet

Veränderliche Sterne jenseits des galaktischen Zentrums liefern neue Informationen über die Struktur unseres Sternsystems.

Messungen der Verteilung von neutralem Wasserstoff in der Milchstraße in den Jahren 2006 und 2007 lieferten erste Hinweise darauf, dass es neben der stellaren Scheibe ein äußere, sich nach außen aufweitende galaktische Scheibe gibt („flared outer disk“). Bislang ließen sich jedoch keine Sterne in dieser vermuteten Struktur aufspüren. Das hat sich nun geändert: Eine Forscherteam aus Südafrika und Japan berichtet über die Identifizierung von fünf Cepheiden jenseits des galaktischen Zentrums, die 3000 bis 7000 Lichtjahre oberhalb bzw. unterhalb der galaktischen Ebene stehen.

Abb.: Lage der bislang bekannten (hellblau) und der neu entdeckten (dunkelblau) Cepheiden. Die neuen liegen weit außerhalb der Milchstraßenebene, gehören also vermutlich zu einer „aufgeweiteten“ Scheibe der Milchstraße. (Bild: R. M. Catchpole, IoA Cambridge / NASA / JPL-Caltech)

Im Rahmen eines Projekts zur Suche nach Mikro-Gravitationslinsen (OGLE-III) haben Astronomen 2011 auch 32 Sterne im Bereich der zentralen Verdickung („bulge“) unserer Milchstraße aufgespürt, bei denen es sich um Cepheiden handeln könnte. Michael Feast von der Universität Kapstadt in Südafrika und seine Kollegen haben diese Kandidaten mit dem South African Large Telescope SALT näher untersucht. Bei fünf der Sterne handelt es sich, so die Ergebnisse, tatsächlich um Cepheiden mit Entfernungen von 65.000 bis 90.000 Lichtjahren – sie liegen also deutlich hinter dem 26.000 Lichtjahre entfernten galaktischen Zentrum.

Die unmittelbar hinter dem galaktischen Zentrum liegende Region ist nur schwer zu beobachten, da der Blick dorthin durch Wolken aus Gas und Staub versperrt ist. Die fünf von Feast und seinem Team identifizierten Sterne liegen denn auch nicht in der Ebene unseres Sternsystems, sondern deutlich außerhalb. Zwar ist die galaktische Scheibe von einem Halo aus alten Sternen umgeben. Doch die Cepheiden sind mit einem Alter von maximal 130 Millionen Jahre relativ junge Sterne. „Die Anwesenheit von so jungen Sternen so weit außerhalb der galaktischen Ebene ist verwirrend“, so Feast und seine Kollegen, „es sei denn, sie gehören zu einer aufgeweiteten äußeren Scheibe.“

Veränderliche Sterne des Cepheiden-Typs spielen eine große Bedeutung in der Astronomie. Denn die Periode ihrer durch Pulsationen verursachten Helligkeitsschwankung hängt streng von ihrer Leuchtkraft ab. Damit können die Himmelsforscher Cepheiden als „Standardkerzen“ für die Entfernungsmessung verwenden: Die Pulsation liefert die wahre Leuchtkraft, aus einem Vergleich mit der beobachteten Helligkeit ergibt sich die Entfernung des Sterns. Auf diese Weise konnten auch Feast und seine Kollegen die Entfernung der fünf Cepheiden bestimmen. Die Forscher vermuten, dass sie lediglich die „Spitze eines Eisbergs“ entdeckt haben. Die weitere Suche nach Cepheiden in der äußeren Milchstraße biete die Gelegenheit, neue Erkenntnisse über den Aufbau unseres Sternsystems zu gewinnen. „Wir können damit auch das Gravitationsfeld messen“, so die Astronomen, „und damit die Verteilung der Dunklen Materie in den äußeren Regionen der Galaxis bestimmen.“

Rainer Kayser

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