15.08.2016

Collider auf Kurs

Das International Committee for Future Accelerators unterstützt auch weiterhin den International Linear Collider.

Teilchenphysiker auf der ganzen Welt sind sich einig, dass der International Linear Collider (ILC) Top-Priorität hat – das bestätigen zahlreiche Empfehlungen von internationalen und nationalen Komitees und Arbeitsgruppen. Dennoch gibt es bis heute kein grünes Licht für das Projekt. Auf seiner jüngsten Sitzung Anfang August hat das International Committee for Future Accelerators (ICFA) nochmals einstimmig bestätigt, dass es den ILC weiter unterstützen wird. Auch die Linear Collider Collaboration, welche die Studien zu den beiden geplanten Linearbeschleunigern erfolgreich zusammen geführt hat, wird ihre Arbeit für die nächsten drei Jahre fortführen – in einer deutlich verschlankten Struktur.

Beim International Linear Collider handelt es sich um einen über 30 km langen Linearbeschleuniger für Elektronen und Positronen, bei dem es pro Sekunde zu rund 7000 Kollisionen bei einer Energie von 500 GeV kommen soll.#) Damit wäre es möglich, die Eigenschaften des Higgs-Bosons oder des Top-Quarks genau zu untersuchen („Higgs-Fabrik“). Entsprechend hoch bewertete das deutsche Komitee für Elementarteilchenphysik auf einem Workshop im Mai dieses Jahres den „Physics Case“ des Beschleunigers. Zudem sei der ILC das derzeit einzige Projekt, das sich in einem so ausgereiften technischen Status befände, dass man prinzipiell direkt loslegen könne. Beispielsweise soll beim ILC die sog. Tesla-Technologie für die supraleitenden Beschleunigerstrukturen zum Einsatz kommen – eine Entwicklung von DESY, die beim European XFEL bereits ihr Potenzial unter Beweis gestellt hat.

Nach derzeitigem Plan soll der International Linear Collider in Japan gebaut werden. (Bild: Rey.Hori/KEK)

Gespannt schaut die ganze Teilchenphysik-Community daher gen Osten: Japan hat sich zwar als Standort für den ILC beworben, aber bislang noch keine endgültige Entscheidung getroffen, den Linear­beschleuniger auch tatsächlich zu bauen. Mit Hilfe von drei Arbeitsgruppen, die seit 2014 bzw. 2015 arbeiten, wollen die Japaner zunächst genau prüfen, welches Entdeckungspotenzial der ILC bietet, ob das technische Design realistisch ist und ob genügend qualifiziertes Personal zur Verfügung steht, um ein solches Großprojekt zu realisieren. Erst nach positivem Abschluss dieser Evaluation ist mit dem grünen Licht durch das japanische Ministerium für Bildung, Kultur, Sport, Wissenschaft und Technologie (MEXT) zu rechnen. Zeitgleich zur Evaluation finden bereits Gespräche auf politischer Ebene statt, um mögliche Beteiligungen anderer Länder abzuklären.

„Der Fortschritt ist nicht so schnell, wie sich das alle gewünscht hätten“, bedauert denn auch Joachim Mnich, Physikprofessor vom DESY und Vorsitzender von ICFA. Gleichzeitig bringt er aber Verständnis dafür auf, dass die Japaner erst alle Aspekte auf Herz und Nieren prüfen wollen, bevor sie sich zu einem Projekt verpflichten, das laut Technical Design Report mit rund acht Milliarden Dollar zu Buche schlagen dürfte. „Die Japaner haben große Angst davor, ihr Gesicht zu verlieren und wollen deswegen nichts versprechen, was sie womöglich nicht halten können“, erklärt Mnich. Denn als Sitzland eines solchen Projektes müsste sich Japan selbst mit einem signifikanten Anteil verpflichten.

Auch wenn noch nicht klar ist, ob der International Linear Collider je gebaut wird, arbeiten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weiter an seinem technischen Design. Die Linear Collider Collaboration unter Leitung des ehemaligen LHC-Projektleiters Lyn Evans versucht, diese Arbeiten zu koordinieren – und das für mindestens drei weitere Jahre. Auch die Mitglieder von ICFA wollen dem ILC den Weg ebnen: „Wir unterstützen nicht nur die Japaner bei ihrer Evaluation, sondern machen uns auch bei unseren Fördereinrichtungen für das Projekt stark“, sagt Joachim Mnich. Von Deutschland erhofft er sich führende Beiträge, insbesondere bei der Beschleunigertechnologie.

Derzeit erwarten die Teilchenphysiker in zwei Jahren eine Entscheidung aus Japan. Baubeginn könnte dann 2020 sein, Beginn der Experimente 2030 – ein Projekt mit jahrzehntelanger Vorgeschichte. „Das ist vergleichbar mit dem LHC, allerdings wurde der auf Basis einer funktionierenden europäischen Organisation gebaut, dem CERN“, erklärt Mnich und ist überzeugt: „Wenn man den ILC realisieren will, muss man eine ähnliche internationale Organisation aufbauen.“

Maike Pfalz

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