Dachpfannen liefern Strom und Wärme
Prototyp ist von einem herkömmlichen Dachziegel kaum zu unterscheiden.
Hausbesitzer, die aus ästhetischen Gründen oder wegen des Denkmalschutzes keine Solaranlage auf ihrem Dach installieren wollen oder dürfen, haben bald eine Alternative: Eine optimierte Solardachpfanne erzeugt elektrische sowie thermische Energie und ist optisch von einem herkömmlichen Dachziegel kaum zu unterscheiden. Entwickelt wurde sie von der Firma Paxos Consulting & Engineering und zusammen mit der TH Köln optimiert. Den finalen Schritt Richtung Marktreife gingen die beiden Partner in einem gemeinsamen Forschungsprojekt.
„Viele Dachflächen in Deutschland werden nicht zur Energieerzeugung genutzt – dabei wäre dies ein wichtiger Baustein zum Gelingen der Energiewende. Wir möchten ein Angebot schaffen für den denkmalgeschützten Bestand und für Menschen, die wegen der Optik bisher auf Solar verzichtet haben. Dafür war die Kooperation mit der TH Köln entscheidend“, sagt Julian Münzberg, Projektleiter bei Paxos. Um den Prototypen für die Serienfertigung weiterzuentwickeln, wurde das Projekt „Solardachpfanne.NRW – Dezentrale Strom‐ und Wärmeversorgung made in NRW“ ins Leben gerufen. Forschende der TH Köln aus den Bereichen Photovoltaik, Erneuerbare Energien, Leistungselektronik und Glasbau der TH Köln erprobten und optimierten das Produkt über mehr als drei Jahre. Unter anderem entstanden zwei Testflächen, um ein mit der Solardachpfanne eingedecktes Dach und herkömmliche Solarmodule im Langzeitversuch zu vergleichen.
Vier Teilprojekte untersuchten dieses Design auf Temperaturverhalten, Begehbarkeit, hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Umwelteinflüssen sowie Erhöhung der Sicherheit. Darüber hinaus analysierte das Team etwa das verwendete Glas, um optische Verluste durch Reflexion oder Streuung zu minimieren und ermittelte eine optimale Kombination aus Solarzell- und Schindeltypen. Da die Solardachpfannen nicht nur elektrische Energie, sondern auch ein hohes Maß an Wärme erzeugen, wurde auch eine Luft-Wärmepumpe installiert. Daher beschäftigte sich ein weiteres Teilprojekt mit der Verknüpfung beider Systeme, und konzipierte eine Betriebsstrategie.
Um mit der Gesamtanlage – also den in Serie geschalteten Solardachpfannen – auch bei Verschattung die maximale Leistung zu erzielen, wurde zudem ein Mikrokonverter entwickelt. „Durch die von uns vorgenommen Anpassungen an der eigentlichen Dachpfanne sind die physischen Eigenschaften und auch die Energieausbeute deutlich verbessert worden. Das System war damit bereit für den Dauereinsatz unter realen Bedingungen“, sagt Projektleiter Christian Dick. In dem bisherigen achtmonatigen Leistungstest unter realen Bedingungen zwischen März und Oktober 2022 zeigte die Anlage vergleichbare Werte in der elektrischen Leistungsfähigkeit wie eine Referenzanlage mit konventionellen, auf Ständern montierten Solarmodulen. „In der Solardachpfanne wurde ein Luftkanal zur Kühlung der Solarzellen integriert, welcher den Arbeitspunkt verbessert, so wie die Hinterlüftung bei herkömmlichen Systemen. Unsere Daten zeigen, dass entsprechend vergleichbare elektrische Leistungsfähigkeiten zu erwarten sind“, erläutert Dick.
Da aus dem eingebauten Luftkanal vorgewärmte Luft strömt, testet das Forschungsteam eine angekoppelte Luft-Wärmepumpe, die diese Luft als Vorlauf verwendet. Erste Daten zeigen eine Erhöhung der Leistungszahl in Abhängigkeit vom Wärmebedarf und den vorherrschenden Wetterbedingungen um etwa ein Viertel. Aus diesen Ergebnissen lässt sich ableiten, dass die Solardachpfanne auch einen Beitrag zur Wärmeversorgung im Gebäude leisten kann und dadurch der Gesamtwirkungsgrad der Anlage gesteigert wird. Das Unternehmen Paxos hat die im Zusammenhang mit der Solardachpfanne eingereichten Patente an einen Hersteller von Solarsystemen verkauft. Dieser wird nun die Serienherstellung übernehmen.
TH Köln / JOL