Das beste Röntgenauge auf der Welt
PETRA IV soll Grundlagenforschung und industrielle Innovation auf neues Niveau heben.
In Hamburg soll das beste Röntgenmikroskop der Welt entstehen. PETRA IV wird 3D-Bilder aus dem Nanokosmos liefern und Einblicke mit bisher unerreichter Präzision in Materialien und biologische Strukturen ermöglichen – vom Aufbau von Krankheitserregern über Katalysatoren bis zu innovativen Mikrochips und Quantenmaterialien. „Mit PETRA IV entwickeln wir ein entscheidendes Werkzeug für die Innovationsfähigkeit von Deutschland im 21. Jahrhundert“, betonte DESY-Direktor Helmut Dosch. Auf Einladung des Hamburger Senats präsentierte DESY das Projekt am Dienstag im Rathaus der Hansestadt.
Katharina Fegebank, Hamburgs Zweite Bürgermeisterin und Wissenschaftssenatorin, sagte: „Mit dem Zukunftsprojekt PETRA IV entsteht in Hamburg das beste 3D-Röntgenmikroskop der Welt. Die Forschungsanlage steht für ein einzigartiges Innovations-Ökosystem, das Grundlagenforschung mit anwendungsorientierter Forschung aus beispielsweise dem Bereich Life Science verbindet und damit neue Maßstäbe an unserem Wissenschaftsstandort setzt. Deshalb tun wir alles, um das Projekt in der Science City Hamburg Bahrenfeld zu verwirklichen!“
Die analytische Forschung an PETRA IV soll entscheidend dazu beitragen, Lösungen für eine klimaschonende und nachhaltige Wirtschaft zu finden, welche die natürlichen Lebensgrundlagen erhält. In einer Studie hat DESY dazu Technologietrends ausgewertet, die innerhalb der nächsten Dekaden erwartet werden. Entlang dieser Vorgaben sowie auf Grundlage ausführlicher Workshops werden die Analysemethoden und -werkzeuge an der geplanten Großanlage auf den Bedarf von Forschung und Wirtschaft zugeschnitten. Beispielsweise können Katalysatoren, funktionale Materialien oder die Entstehung von Korrosion unter natürlichen und naturnahen Bedingungen in 3D beobachtet werden, live und auf allen relevanten räumlichen und zeitlichen Skalen.
„Mithilfe dieser weltweit einzigartigen Analysemöglichkeit sind bahnbrechende Ergebnisse viel schneller möglich“, sagte Thomas Blatt, Leitender Wissenschaftler des Beiersdorf-Konzerns, in einer Videobotschaft. „Die Halbleiterindustrie kann zum Beispiel von der Untersuchung der strukturellen Eigenschaften von neuen Materialien unmittelbar profitieren. Solche einzigartigen analytischen Werkzeuge sind für den wissenschaftlichen Fortschritt essenziell.“
Nobelpreisträger Stefan Hell, Direktor am Göttinger Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften sowie am Max-Planck-Institut für medizinische Forschung in Heidelberg, betonte in einem Vortrag die Rolle der Wissenschaft als Impulsgeberin für Innovation und Transfer.
„Wir verbinden exzellente Grundlagenforschung aufs Engste mit Themen der angewandten Forschung, die zentral für Wirtschaft und Gesellschaft sind“, erläuterte Dosch. „Das Ziel ist, PETRA IV zum Kern eines einzigartigen Forschungs-Innovations-Ökosystems zu machen – zu einem starken Innovationsgenerator.“ Wie ein begleitendes Symposium illustrierte, wird PETRA IV dank der herausragenden Analytik Forschern zahlreicher Disziplinen bislang nicht erreichbare Erkenntnisse liefern – von Physik, Chemie und Biologie über Medizin, Ingenieur- und Geowissenschaften bis hin zur Kunst- und Kulturforschung – und Unternehmen helfen, ihre Innovationen zu entwickeln.
In einer Videobotschaft zum Symposium, das am Nachmittag bei DESY stattfand, sagte der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, Reimund Neugebauer: „Wir bei Fraunhofer begrüßen es außerordentlich, dass DESY die Kooperation mit der angewandten Forschung und der Industrie heute bereits massiv ausbauen und optimieren möchte.“
Rund um die Analysemöglichkeiten wird DESY Forschern aus Wissenschaft und Wirtschaft zusätzliche Dienstleistungen anbieten, etwa zur Probenpräparation, Datenspeicherung und -auswertung. „DESY wird als Nationales Analytikzentrum einen wesentlich erweiterten Service für Forscher und Unternehmen anbieten, um Innovationen und wissenschaftliche Lösungen zu beschleunigen“, kündigte Dosch an.
„Mit PETRA IV denken wir die Großforschung bei DESY ganz neu“, fasste Projektleiter Harald Reichert zusammen. „PETRA IV ist nachhaltige Investition in die Zukunft – sie wird auf Jahrzehnte hinaus das Flaggschiff der Röntgenforschung bleiben und für Deutschland ein wichtiger Baustein, um die Technologiesouveränität zu erhöhen.“
DESY / DE